- Einen Tag nach Beginn seiner Angriffe hat Aserbaidschan offenbar seinen Militäreinsatz beendet.
- Das kündigte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev in einer Fernsehansprache in Baku an.
- Von armenischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme.
Nach der eintägigen Offensive gegen die abtrünnige Region Bergkarabach will Aserbaidschan seine Macht im Südkaukasus festigen. Durch den breit angelegten Angriff wurden die in Bergkarabach lebenden Armenier gezwungen, ihren bewaffneten Widerstand aufzugeben.
Sie stimmten einer Vereinbarung zu, durch die die Region unter die Kontrolle von Baku gestellt werden soll. Es wurde damit gerechnet, dass die Separatisten ihre Waffen abgeben.
Aserbaidschan erklärte, es werde eine reibungslose Integration der Bevölkerungsgruppe angestrebt. Armenier sind überwiegend Christen, Aserbaidschaner mehrheitlich Muslime. Zwischen beiden Gruppen ist es in der Vergangenheit zu ethnischen Konflikten gekommen. Wie viele Armenier unter aserbaidschanischer Herrschaft in ihrer Heimat bleiben, ist vorerst unklar.
Durch eine Entwaffnung der Aufständischen seien die Chancen auf eine Wiedereingliederung der seit drei Jahrzehnten unkontrollierbaren Region gestiegen, sagte der aussenpolitische Berater der aserbaidschanischen Präsidentschaft, Hikmet Hadschijew, vor Diplomaten und Medienvertretern.
Auch die Chancen auf einen Frieden mit Armenien würden sich verbessern. Das würde «weitreichende Veränderungen» der politischen Landkarte bedeuten. Um die Bedürfnisse der in Bergkarabach lebenden Armenier werde man sich kümmern. Hadschijew wies Vorwürfe aus Armenien zurück, es gebe «ethnische Säuberungen».
Nach der Bekanntgabe eines Waffenstillstands eilten am Mittwoch Tausende Menschen zum Flughafen der Regionalhauptstadt Stepanakert, an dem russische Friedenstruppen stationiert sind. Die Separatistenführung rief die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und von Ausreiseversuchen über den Flughafen abzusehen.
Gespräche über Zukunft
Nach dem Abkommen sollen am Donnerstag Gespräche über die Zukunft der rund 120'000 ethnischen Armenier in Bergkarabach beginnen. Sowohl Armenier als Aserbaidschaner berufen sich auf historische Ansprüche in Bergkarabach. Die Führung der international nicht anerkannten «Republik Arzach» teilte mit, sie beuge sich einem von Russland vermittelte Waffenstillstand zu Konditionen der aserbaidschanischen Regierung.
Aserbaidschan hatte am Dienstag einen Grossangriff gegen den mehrheitlich von Armeniern bewohnten Landesteil begonnen. Nach ersten Angaben Armeniens wurden dabei mindestens 32 Menschen getötet.
Die Regierung in Eriwan, die die Armenier in Bergkarabach traditionell unterstützt, war nach eigenen Angaben an den Kämpfen und dem Abkommen nicht beteiligt. Die Armenier in Bergkarabach erklärten, sie seien international im Stich gelassen worden und hätten sich der Übermacht der aserbaidschanischen Streitkräfte beugen müssen.
Auch Armenien sah sich zunehmen im Stich gelassen – von Russland, dessen Kräfte zum Teil im Krieg in der Ukraine gebunden sind. Zuletzt hielt Armenien zur Verärgerung Russlands eine Militärübung mit den USA ab. Die USA hatten das jüngste Vorgehen Aserbaidschans in Bergkarabach scharf kritisiert.
In der Region macht auch die angrenzende Türkei ihren Einfluss geltend. Sie pflegt enge Beziehungen mit Aserbaidschan. Das Land spielt auch eine wichtige Rolle wegen seiner Öl- und Gasvorkommen.