Gefangen in ihrem eigenen Haus, so fühlen sich viele Armenierinnen und Armenier in Bergkarabach. Sie forderten in der Hauptstadt zu Tausenden die Wiedereröffnung der Verbindungsstrasse nach Armenien. Deren Schliessung war am 11. Juli erfolgt, wenige Tage vor den Friedensgesprächen von Armenien und Aserbaidschan in Brüssel.
Die beiden Länder streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die Kaukasus-Enklave Bergkarabach. Der Lachin-Korridor ist der einzige Verbindungsweg nach Armenien. Die örtlichen Separatisten warnten vor einer humanitären Krise und forderten Moskau – einen traditionellen Machtvermittler in der Region – auf, den freien Verkehr über die Strasse zu gewährleisten.
Im Mai erst hatten sich Vertreter beider Länder mehrmals getroffen. Aserbaidschan hatte die Durchfahrt am Lachin-Grenzübergang vorübergehend gesperrt – offiziell, um gegen Warenschmuggel vorzugehen. Die Sperrung der Strasse nach Armenien, die für die Versorgung der Region äusserst wichtig ist, hat in der Region Sorgen um eine humanitäre Krise in der Region ausgelöst.
Weitere Gespräche Ende Sommer
Jetzt trafen sich die Staatsoberhäupter Aserbaidschans und Armeniens unter Vermittlung der EU erneut. Ratspräsident Charles Michel empfing die beiden Präsidenten in Brüssel. Nach dem rund fünfstündigen Treffen war für Michel klar: «Wahrer Fortschritt hängt von weiteren Schritten ab, die in naher Zukunft gemacht werden müssen. Gewalt, wie wir sie in den letzten Tagen gesehen haben, muss im Hinblick auf den Friedensprozess sofort gestoppt werden.» Für Ende diesen Sommer sind weitere Gespräche der beiden Länder in Brüssel geplant.
Im Herbst 2020 unterstützte Russland ein Waffenstillstandsabkommen, das die sechswöchigen Kämpfe zwischen armenischen und aserbaidschanischen Truppen um die Kontrolle über Karabach beendete.
Im Rahmen dessen musste Armenien weite Teile der jahrzehntelang von ihm kontrollierten Gebiete abtreten, während Russland eine Friedenstruppe entsandte, die den fünf Kilometer breiten Korridor bewacht, um den freien Verkehr zwischen Armenien und Bergkarabach zu gewährleisten.