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Wird im Syrien-Konflikt das Völkerrecht ausgehebelt?
Aus Rendez-vous vom 12.04.2018. Bild: Getty
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Konflikt in Syrien «Ein Militärschlag wäre eindeutig völkerrechtswidrig»

Als Reaktion auf den mutmasslichen Giftgasangriff im syrischen Ost-Ghuta hat US-Präsident Donald Trump mit einem Militärschlag gedroht. Doch das wäre völkerrechtswidrig, wie UNO-Kenner Andreas Zumach ausführt.

Andreas Zumach

Freier Korrespondent

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Zumach ist UNO-Berichterstatter mit Sitz in Genf. Er arbeitet als freier Korrespondent für deutsch- und englischsprachige Print- und Rundfunkmedien.

Wäre ein Militärschlag als Antwort auf einen Giftgasanschlag völkerrechtlich legitim?

Nein. Er wäre unter jeder Betrachtung völkerrechtswidrig. Es gibt kein Selbstverteidigungsrecht der USA, es gibt kein Recht auf einen Präventivschlag. Ein Schlag ohne ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates ist eindeutig völkerrechtswidrig.

Aber Syrien selber hat mutmasslich mit dem Einsatz von Chemiewaffen das Völkerrecht missachtet. Das müsste doch sanktioniert werden?

Das Land sollte wirtschaftlich sanktioniert werden, diese Möglichkeiten hat man noch nicht alle ausgeschöpft. Man hätte auch schon längst eine UNO-Truppe mandatieren können. Sie wäre in Syrien einmarschiert und hätte diesen Krieg beenden können.

Man hätte auch schon längst eine UNO-Truppe mandatieren können. Sie wäre in Syrien einmarschiert und hätte diesen Krieg beenden können.

Sie hätte auch die offenbar noch vorhanden Bestände an Chemiewaffen beseitigt. Aber wir wissen bis heute nicht, ob nicht auch die Rebellen Giftgas eingesetzt haben. In beiden Fällen sage ich, dass man nur mit einer UNO-Bodentruppe diese Giftgase oder hochkonzentrierten Chlorgase beseitigen könnte.

Nun steckt der UNO-Sicherheitsrat in einem Dilemma. Er müsste einem Angriff zustimmen. Das wird er aber nicht tun, weil sich die Vetomächte gegenseitig blockieren. Wie könnte der Westen einen militärischen Angriff rechtfertigen?

Ich gehe zunächst mal davon aus, dass nicht nur Russland, sondern auch China und möglicherweise so viele nicht-ständige Mitglieder im Sicherheitsrat dagegen stimmen werden, dass nicht mal die notwendige Mehrheit von 9 – bei 15 Stimmen – für einen Militärschlag zu Stande käme. Der Westen hat keine Rechtfertigung, militärisch vorzugehen. Sei es der Westen alleine, der Westen in Form der Nato oder in irgendeiner Koalition der Willigen. Das ist nun mal das Völkerrecht und daran führt kein Weg vorbei.

Die Nato hat im Kosovo-Konflikt 1999 ebenfalls ohne UNO-Mandat eingegriffen. Das nannte man damals eine humanitäre Nothilfe für die Bevölkerung. Wäre eine solche Begründung möglich?

Der Eingriff der Nato im Jahr 1999 war ein klar völkerrechtswidriger Angriff, auch hieran gibt es nichts zu deuteln. Auch die Rechtfertigung der humanitären Intervention, die die Nato damals angeführt hat, macht es nicht völkerrechtskonform. Es gibt einen übergesetzlichen Notstand im Schweizerischen Privatrecht: Wenn ich irgendwo angegriffen werde, kann ich intervenieren. Den gibt es nicht im Völkerrecht.

Das würde bedeuten, dass die Regeln der UNO Makulatur würden?

Die UNO-Charta, so wie sie 1945 geschrieben worden ist, ist bereits Makulatur, durch all die völkerrechtswidrigen Aktionen, die wir seit Ende des kalten Krieges 1990 erlebt haben. Der Präzedenzfall war der von Ihnen zitierte Angriff auf Serbien 1999. Es gibt noch weitere westliche Verletzungen, es gibt auch die russische Annexion der Krim. Wir haben den Krieg der Türkei gegen Syrien, der eindeutig völkerrechtswidrig ist. Das Verbot des Angriffskrieges wird immer mehr geschwächt und möglicherweise endgültig als internationale Norm zerstört.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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