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Markus Kaim: «Es hat in den letzten Tagen eine Entscheidungsreifung stattgefunden»
Aus News-Clip vom 18.02.2022.
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Konflikt Ukraine-Russland «Wir werden wohl eine begrenzte militärische Operation sehen»

Die Situation an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland bleibt angespannt und unübersichtlich. Gemäss Russland geht der Truppenabzug weiter. Die Nato sieht dafür keine Belege. Sicherheitsexperte Markus Kaim erklärt im SRF-Interview, was er für das möglichste Szenario in den kommenden Tagen und Wochen hält.

Markus Kaim

Experte für Sicherheitspolitik

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Markus Kaim ist Experte für Sicherheitspolitik und Aussenpolitik bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) und doziert an der Universität Zürich.

SRF News: Wie könnte ein Krieg Russland gegen die Ukraine aussehen?

Markus Kaim: Ich glaube, grundsätzlich muss man erst mal davon ausgehen, dass es eine militärische Eskalation geben wird. Der russische Präsident hat gestern von einer militärisch technischen Massnahme gesprochen. Wir wissen nicht genau, was dieser sperrige Ausdruck bedeutet. Aber er lässt keine Zweifel aufkommen, dass es in den letzten Tagen eine Entscheidungsreifung in Moskau gegeben hat, zur Tat zu schreiten.

Welche Szenarien sind jetzt denkbar?

Grundsätzlich sind zwei Szenarien zu unterscheiden. Erstens eine voll ausgebildete Invasion in die Ukraine, die mit der territorialen Annexion der Ukraine enden würde. Das halte ich für eher unwahrscheinlich.

Eine territoriale Annexion der Ukraine durch Russland halte ich für eher unwahrscheinlich.

Die zweite Option wäre eine eher begrenzte Militäroperation auf ukrainischem Territorium. Dafür könnte der Startpunkt die beiden sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine sein. Oder es könnte eine Landung vom Schwarzen Meer her sein, aber der Umfang wäre begrenzt.

Im ersten Fall würde die territoriale Dimension im Mittelpunkt stehen, im zweiten Fall eher die politische. Dann hätte Russland einen wirksamen, ganz starken Hebel auf das politische Geschehen in der Ukraine, natürlich mit dem Ziel, den Westkurs der Ukraine zu verhindern.

Was ist denn eigentlich Russlands Ziel in der Ukraine?

Mein Eindruck ist der, dass Russland nicht auf eine voll ausgebildete territoriale Annexion der Ukraine setzt. Der Preis wäre schlicht zu hoch. Der Westen hat ja in den letzten Wochen immer wieder die möglichen Sanktionen betont: Nordstream 2, das Abschneiden russischer Banken vom internationalen Finanzsystem, Sanktionen gegen russische Oligarchen und vieles andere mehr.

Es geht Russland eher um politische Gefolgschaft.

Geringer wären die Kosten, wenn Russland die politische Souveränität der Ukraine durch eine begrenzte militärische Operation torpedieren würde. Das öffnet den Blick, worum es Russland eigentlich geht. Es geht nicht um die Annexion der Ukraine, sondern eher um politische Gefolgschaft. Und da passt dann der Ausdruck der Hegemonie viel besser. Russland ist der Hegemon im postsowjetischen Raum, begreift sich als solcher und will als solcher behandelt werden.

Was wird Russland jetzt tun?

Ich glaube, wir werden eine begrenzte militärische Operation sehen, welche die Kosten der russischen Seite überschaubar halten. Vor allem, was die westliche Reaktion betrifft. Würde die Ukraine von Russland besetzt, vollständig oder in weiten Teilen, dann würden wohl alle Sanktionsdrohungen des Westens umgesetzt werden.

Wenn es nur ein Scharmützel gäbe im Donbass, dann würde das den Dissens in der Europäischen Union erhöhen. Es würde jene geben, welche Sanktionen gegen Russland durchsetzen wollen, und jene, die sagen, es gebe ja gar keinen richtigen Krieg und deshalb seien Sanktionen unangemessen. Also würde dauerhaft der Sanktionswille des Westens geschwächt. Und das würde Russland sehr gut passen.

Das Gespräch führte Stefanie Schunke.

10vor10, 18.02.2022, 21.50 Uhr ; 

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