Am Samstag wird in Nigeria ein neuer Präsident gewählt. Die beiden Hauptkandidaten sind der amtierende Muhammadu Buhari und der frühere Vizepräsident Atiku Abubakar. Ein grosses Thema ist die Sicherheitslage im Land. Denn Nigeria kämpft mit mehreren Konflikten gleichzeitig. Am meisten Todesopfer forderten mittlerweile die Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Nomaden. Ursprünglich ein Kampf um Land und Wasser, hat er mittlerweile religiöse, ethnische und politische Ausmasse angenommen.
Ein Teufelskreis von Angriffen und Gegenangriffen
Konflikte um Land und Wasser sind in Nigeria Jahrzehnte alt. Noch älter aber ist das friedliche Zusammenleben zwischen Bauern und Viehhirten. Und so scheint hier im Zentrum Nigerias niemand richtig zu verstehen, wann und warum die Kämpfe angefangen haben. So auch der Dorfchef, Samson Bitrus Pan: «Wir gingen schliesslich zusammen zur Schule, wir lebten zusammen, aber eines Tages fingen sie an, uns zu attackieren.»
Sie, das sind Viehhirten der Volksgruppe der Fulani. Für den Dorfchef ist klar, dass die Fulani die Täter sind, und seine Leute, die ethnischen Berom und Bauern, die Opfer. Auch wenn sich mittlerweile ein Teufelskreis von Angriffen und Gegenangriffen entwickelt hat.
Auch ist er überzeugt, dass mehr hinter den Überfällen stecke und dass es in erster Linie um Religion gehe. «Die Angreifer sagen stets «Allahu Akbar» - Allah ist der Grösste - bevor sie unser Dorf überrennen mit ihren Waffen. Und das bedeutet doch schliesslich Dschihad.»
Religiöse Konflikte
Im Middle Belt, im Zentrum Nigerias, liegt die Schnittstelle, wo Christentum und Islam seit dem 19. Jahrhundert aufeinanderstossen. Doch die Angst, von der jeweils anderen Religion übermannt zu werden, ist auch heute noch da. Besonders, seit vor zwei Jahrzehnten im Bundesstaat Plateau State religiöse Konflikte ausbrachen.
Doch in den letzten Jahren hat in den Auseinandersetzungen auch die ethnische Zugehörigkeit des Präsidenten eine Rolle gespielt. Zumindest im Narrativ. Denn Präsident Muhammadu Buhari ist Fulani.
Für Samson Bitrus Pan ist das «der Grund, warum die meisten Angreifer nicht vor Gericht kommen: Weil Präsident Buhari seine eigenen Leute beschützt.»
Im Provinzhauptort von Barkin Ladi sitzt der Vorsitzende des lokalen Fulani-Viehzüchter-Verbands am Spitalbett seines Verwandten. In der Nacht wurde auf diesen und dessen Jungen geschossen. «Schau doch mal mein Haus an», sagt Mohammad Adam Mohammad. «Ich persönlich wurde angegriffen. Gestern Nacht war es das Haus meines Onkels. Wer ist der Präsident? Ein Fulani, ein Moslem. Aber beschützt er uns? Wir werden alle nicht beschützt vom Staat.»
Verheerende Abwesenheit des Staates
Zwar hat Präsident Buhari überall Truppen stationiert, doch die Militärs reagieren spät oder gar nicht, wenn die Bevölkerung sie bei einem Angriff um Hilfe ruft. Selten gibt es Untersuchungen der Vorfälle und selbst wenn die Schuldigen bekannt werden, werden sie nicht zur Rechenschaft gezogen. Den Preis für die Abwesenheit des Staates bezahlt die Bevölkerung. Allein im letzten Jahr kosteten die Konflikte mehr als 2000 Menschen das Leben.