Es ist ein Leben voller Wettkämpfe: Herschel Walker war Leichtathlet, Kampfsportler und Bobfahrer. Vor allem aber war er ein sehr erfolgreicher Football-Spieler – ein legendärer «Runningback», bis er 1997 seine Karriere beendete. Jetzt will sich der 60-Jährige in den Senat in Washington wählen lassen. Er tritt in Georgia an, wo er aufwuchs, wo er in den ersten Jahren Football spielte.
Das sei seine eigene Idee gewesen, sagt Walker. Doch eine gewichtige Rolle dürfte auch Donald Trump gespielt haben. «Trump hat mit Herschel Walker einen seiner Freunde überredet zu kandidieren», sagt Charles Bullock, seit Jahrzehnten Politologe an der University of Georgia. «Es hat wohl geholfen, dass Walker jede Herausforderung annimmt, die man ihm anbietet. Bislang hat er jedenfalls nie politische Ambitionen gezeigt».
Die Vorwahlen hat Walker locker gewonnen. Somit ist er nun der republikanische Kandidat, soll bei den Zwischenwahlen am 8. November seinen demokratischen Gegner Raphael Warnock schlagen, der sich den heiss umkämpften Senatssitz bei den letzten Wahlen sicherte.
Die Lügen des Herschel Walker
Doch Walker wird eingeholt von zahlreichen Unwahrheiten: Er behauptete etwa, er habe einen Universitätsabschluss, habe einst als Gesetzeshüter gearbeitet. Beides ist gelogen.
Dass Walker erklärte, abwesende Väter, die sich nicht um ihre Kinder kümmerten, seien gerade in afroamerikanischen Familien ein riesiges Problem, fiel bald auf ihn zurück: Es wurde bekannt, dass Walker, selbst ein Afroamerikaner, einen unehelichen Sohn hat, um den er sich nicht kümmern wollte. Zwei weitere uneheliche Kinder wurden später bekannt.
All das bietet viel Angriffsfläche – und seine Gegner schlachten diese Unwahrheiten aus, etwa in Wahlkampfvideos.
Länger schon bekannt ist eine psychische Krankheit: Walker selbst hat in einem Buch seine dissoziative Identitätsstörung beschrieben.
Der Risikokandidat
Die vielen Unwahrheiten und wirre Fernsehauftritte lassen Zweifel aufkommen, ob Walker seinem Gegner gewachsen ist. Eine direkte Debatte hat er bislang gemieden. «In solchen Debatten werden die harten Fragen gestellt, nicht nur zu Walkers Unwahrheiten, sondern auch zu vielen politischen Themen», sagt Politologe Bullock. «Weil sich Herschel Walker aber bislang nie politisch engagierte, ist er nicht darauf vorbereitet».
«Etwa 45 Prozent wählen in Georgia republikanisch, egal wer kandidiert, egal was über ihn rauskommt – und etwa 45 Prozent wählen demokratisch», sagt Bullock. Gekämpft werde nur um etwa zehn Prozent der Wählerschaft, vor allem um Weisse mit College-Abschluss, speziell um weisse Frauen in den Vorstädten. Dass gleich mehrere Frauen Walker Drohungen und häusliche Gewalt vorwerfen, dürfte ihm bei dieser Wählergruppe nicht gerade helfen.
Ein entscheidendes Rennen
In Georgia haben die Republikaner bei den letzten Wahlen zwei Senatssitze verloren und damit die Mehrheit in der kleinen Kammer. Im November wollen sie diese Mehrheit zurückholen. Das Rennen in Georgia ist eins der entscheidenden.
Verliert Walker die Wahl, so könnte das bedeuten, dass die Republikaner erneut in Georgia die Senatsmehrheit verpassen. Einer der Schuldigen wäre Donald Trump. Schliesslich war er es, der seinen Freund in diesen Wettbewerb geschickt hat.