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Konklave im Vatikan «Habemus Papam»: Die grösste Show der Welt – die nirgends läuft

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wählen die Kardinäle einen neuen Papst. Ein Schauspiel, das auch Atheisten in den Bann zieht.

Intrigen, Machtkämpfe und übergrosse Egos: Was im Mai in der Sixtinischen Kapelle passieren wird, lässt die Schöpfer von Reality-TV-Formaten vor Neid erblassen. Dann reisen nämlich Kardinale aus aller Welt zum Konklave an, um «Gottes Stellvertreter auf Erden» zu wählen.

Pomp, jahrhundertealte Rituale, tiefsitzende Rivalitäten – und das alles eingebettet in die spektakuläre Kulisse des Vatikans. «Das Konklave kann man als grösste Show der Welt bezeichnen», sagt Judith Wipfler, Religionsredaktorin von SRF.

 Konklave 2013.
Legende: Das Konklave bezeichnet die Versammlung, an der die wahlberechtigten Kardinale einen neuen Papst wählen. Das erste Konklave fand laut Kirchenhistorikern 1241 statt. (Bild: Konklave 2013) Keystone/EPA/Osservatore Romano

Die Einsätze könnten höher nicht sein. Bis am Ende weisser Rauch aufsteigt, verdichten sich die schwelenden Machtkämpfe zu einem Wahlkrimi. «Konklave» hat das Schauspiel, das sich seit bald 900 Jahren im Vatikan abspielt, in ein oscarprämiertes Drama gegossen.

Die Zutaten für einen Politthriller sind auch diesmal da, wenn man Marco Politi glaubt. Laut dem bekannten Vatikanisten hat es in den letzten Jahren «praktisch einen Bürgerkrieg in Rom gegeben». Angeführt von ultrakonservativen Kirchenmännern, die gegen Papst Franziskus opponierten – und ihn gar als liberalen Ketzer auf dem Heiligen Stuhl beschimpften.

Papst Franziskus
Legende: Papst Franziskus gehörte dem eher progressiven Lager an. Zwar berief er Frauen nicht ins Priesteramt, aber in Spitzenfunktionen des Vatikans. Homosexuelle Paare liess er zwar nicht heiraten, aber segnen. Keystone/EPA/Max Rossi

Hier die erzkonservativen Kirchenmänner, die die Gläubigen vor den vermeintlichen Irrwegen der Moderne bewahren wollen. Dort die Reformer, die die Kirche anschlussfähig für die Welt da draussen machen wollen. Buchstäblich zwischen den Stühlen sitzen die eingemitteten Kardinale. «Das Taktieren, wer zu welcher Fraktion halten könnte, hat längst begonnen», sagt Wipfler. Denn eine Papstwahl sei auch Kirchenpolitik.

Rückblick auf eine stürmische Papstwahl

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Der neu gewählte Papst Benedikt XVI. grüsst die Menschen  auf dem Petersplatz (19. April 2005).
Legende: Der neu gewählte Papst Benedikt XVI. grüsst die Menschen auf dem Petersplatz (19. April 2005). Keystone/EPA/Medienstelle des Vatikan

SRF-Redaktorin Judith Wipfler hat selbst schon von einer Papstwahl berichtet. Der 19. April 2005, als Kardinal Joseph Ratzinger zu Papst Benedikt XVI. aufstieg, hat bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen. Auch, weil nichts so lief, wie es sollte. Als das «Habemus Papam» verkündet werden sollte, wehte der Wind ihre Unterlagen mit den Biographien der wählbaren Kardinäle quer über den Petersplatz.

Damit nicht genug. Als die Menschenmessen auf den riesigen Versammlungsort im Herzen des Vatikans strömten, stürzte prompt das Handynetz zusammen. Die Sonderkorrespondentin war gezwungen, 1.4 Kilometer zum Übertragungswagen zurückzurennen. «In der Liveübertragung im Echo der Zeit war Judith Wipfler dann noch atemloser, als man sie ohnehin schon kennt», scherzt die SRF-Redaktorin über sich selbst.

Für Wipfler lebt die «Faszination Konklave» noch immer. Genauso wie für zahllose Gläubige und Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt, die nicht der römisch-katholischen Kirche angehören.

«Habemus Papam»:Die Wahl von Papst Franziskus am 13. März 2013

Das sei auch dem «Celebrity-Effekt» geschuldet, sagt Wipfler. Schliesslich sei der Papst die vielleicht berühmteste Person der Welt – und Oberhaupt einer Kirche, die knapp 1.4 Milliarden Mitglieder hat. «Dazu kommen die vielen Geheimnisse, Mythen und Legenden rund um die Papstwahl. Es hat auch etwas Unheimliches, Verborgenes, was dort passiert – und es hat viel, viel Geschichte.»

Dass die Papstwahl hinter verschlossenen Türen stattfindet, trägt zu ihrer Faszination bei. Die Kardinäle werden nämlich in der Sixtinischen Kapelle «eingesperrt» – eine Tradition, die der Geheimhaltung dienen und das Wahlprozedere beschleunigen soll. Bis 1978 mussten die Geistlichen sogar noch in der «Sixtina» übernachten. Heute herrscht striktes Handyverbot – und das Gotteshaus wird streng abgeschirmt. Kein Wort soll nach aussen dringen.

«Schnell genannt ist schnell verbrannt»

Das Wahlprozedere ist streng geregelt: Am ersten Tag gibt es meist nur einen Wahlgang, am zweiten Tag gibt es vormittags und nachmittags je zwei Wahlgänge. «Wir werden also gebannt darauf starren, was sich an Rauchentwicklung abzeichnet», prognostiziert Wipfler. Bis dahin dürften die Interessenten für den vakanten Posten weiter versuchen, sich in die Pole Position zu bringen.

Diese Kardinäle könnten Papst Franziskus im Amt nachfolgen

Bereits kursieren die Namen der Kronfavoriten. Wipfler weiss aber aus Erfahrung: «Schnell genannt ist schnell verbrannt – meistens gibt es noch eine Überraschung.» Spannung ist also garantiert. Auch wenn die «grösste Show der Welt» dramaturgisch noch Ausbaupotenzial hat: Bis weisser Rauch aufsteigt, kann es 2-3 Tage dauern – und das bei mehr als dürftiger Informationslage.

SRF 4 News, 22.04.2025, 17:15 Uhr ; 

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