- Auf die Verhaftung des pakistanischen Premierministers Imran Khan am Dienstag folgen landesweite Unruhen. Das Militär ist im Einsatz.
- Inzwischen sind mindestens vier Menschen im Zuge der Demonstrationen ums Leben gekommen.
- Ein Gericht fordert acht Tage Untersuchungshaft. Khan selbst plädiere auf nicht schuldig.
Der 70-Jährige wurde im Oberen Gericht in der Hauptstadt Islamabad festgesetzt, wie Sicherheitsbehörden und seine Partei PTI bestätigten. Der Polizei von Islamabad zufolge ist Khan wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet worden. Haftbefehle waren von der pakistanischen Antikorruptionsbehörde (NAB) ausgestellt worden.
Die Verhaftung des populären Oppositionsführers löste bei seinen Anhängern Empörung aus. Seither kommt es wiederholt zu Auseinandersetzungen. In der Stadt Quetta im Westen Pakistans kam nach Angaben der ehemaligen Menschenrechtsministerin Shirin Mazari ein Mitarbeiter von Khans Partei ums Leben.
Wie der Geheimdienst der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, stürmten Imran Khans Anhänger das Hauptgebäude des pakistanischen Militärs in der Millionenstadt Rawalpindi.
Allein am Dienstag sind laut Regierung 14 Regierungsgebäude und 25 Polizeifahrzeuge in Brand gesetzt worden. Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter sechs Polizisten. Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Das mobile Internet: abgeschaltet. Sowohl in Islamabad als auch in anderen Provinzen sollen paramilitärische Sicherheitskräfte zum Einsatz kommen. In Punjab etwa seien 945 Menschen nach Angriffen auf Regierungsgebäude oder Polizisten verhaftet, mindestens 130 Sicherheitskräfte verletzt worden, sagt Syed Mubashir Hussain, Polizeisprecher in Punjab.
Die Verhaftung erfolgte einen Tag, nachdem das Militär eine Erklärung abgegeben hatte. Darin wurden Khans «erfundene und böswillige Behauptungen» bedauert, dass hochrangige Militärs hinter den Attentatsversuchen gegen ihn steckten.
Seit Khans Absetzung brachte die Justiz immer neue Vorwürfe gegen Khan vor. Er muss sich mittlerweile in rund 100 Fällen vor Gericht verantworten. Bei den Vorwürfen geht es um Korruption, Geldwäsche und Beleidigung einer Richterin. Gemäss seines Anwalts plädiere er auf nicht schuldig. Für Khan werden acht Tage Untersuchungshaft angeordnet. Seine Partei habe Berufung gegen die Verhaftung eingereicht, erklärt ein Parteikollege.
Bereits beim Versuch, den Politiker im März dieses Jahres in seiner Residenz in Lahore zu verhaften, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Anhängern. Der 70-Jährige hatte sich etwa eine Woche lang in dem Haus verschanzt. Sein Nicht-Erscheinen zu mehreren Gerichtsterminen in der Vergangenheit hatte er mit Drohungen gegen ihn begründet.
Politische Unruhen könnten zunehmen
Die Verhaftung Khans könnte die politischen Unruhen in Pakistan noch weiter verstärken. Das Land mit mehr als 230 Millionen Einwohnern kämpft zudem mit massiver Inflation, dem Erstarken der pakistanischen Taliban und den Folgen der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer.
Beobachter sehen das Vorgehen gegen Khan als politisch motiviert an. Auch unter Khan als Premierminister wurde die Justiz benutzt, um Oppositionelle an ihrer politischen Tätigkeit zu hindern. «Gestern war es Imran Khan, der seine politischen Gegner ins Gefängnis schickte, und heute passiert ihm das Gleiche», sagte der pakistanische Politikanalyst Zafarullah Khan.