- Bundeskanzler Sebastian Kurz bekräftigte am Donnerstag vor den Medien: Trotz der Korruptionsvorwürfe will er seine Koalition mit den Grünen fortsetzen.
- Österreichs Opposition – die Sozialdemokraten, die liberalen Neos und die rechtspopulistische FPÖ – fordert derweil geschlossen den Rücktritt von Kurz.
- Sollte Kurz im Amt verbleiben, will die Opposition am Dienstag einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler einbringen.
«Ich hoffe, dass wir weiterhin stabile Verhältnisse in unserem Land haben», sagte Sebastian Kurz (ÖVP) vor Journalisten und spielte den Ball den Grünen zu, die seine Handlungsfähigkeit am Donnerstag infrage gestellt hatten. «Wenn die Grünen also nicht mehr diese Zusammenarbeit fortsetzen wollen und sich andere Mehrheiten im Parlament suchen wollen, dann ist das zu akzeptieren.»
Ich hoffe, dass wir weiterhin stabile Verhältnisse in unserem Land haben.
Inzwischen hat sich auch Staatspräsident Alexander Van der Bellen eingeschaltet. Er werde am Donnerstag und Freitag mit den Chefs aller Parlamentsparteien sprechen, teilte die Präsidentschaftskanzlei der österreichischen Nachrichtenagentur APA mit.
Den Auftakt am Donnerstagnachmittag machen der grüne Vizekanzler Kogler und der unter Korruptionsverdacht stehende Kanzler Kurz. Später soll die Chefin der sozialdemokratischen SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, zu Van der Bellen gebeten.
Volkspartei stärkt Kurz den Rücken
Die Regierungsmannschaft der ÖVP will Kurz die Stange halten. «Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschliesslich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben», teilten die Regierungsmitglieder in einer gemeinsamen Erklärung mit.
Anders sehen es die Grünen. Werner Kogler, Vizekanzler und Grünen-Chef, sagte am Donnerstag: «Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund infrage gestellt. Wir müssen für Stabilität und Ordnung sorgen.»
Wir müssen für Stabilität und Ordnung sorgen.
Politiker der Grünen hatten signalisiert, dass sie die Zusammenarbeit mit den Konservativen fortsetzen würden, falls Kurz sich zurückzieht.
Auch vonseiten der liberalen Neos werden nun Taten verlangt. Beate Meinl-Reisinger, Chefin der Oppositionspartei, sagte am Donnerstag: «So kann es nicht weitergehen.»
Es gibt eine klare Amtsunfähigkeit von Kurz.
Das Land brauche eine saubere Regierung. Neuwahlen seien dafür aber nicht nötig. Kanzler Kurz schade mit seiner Weigerung zurückzutreten dem Land und dem Amt. Beate Meinl: «Es gibt eine klare Amtsunfähigkeit von Kurz.»
Razzien im Kanzleramt als Auslöser
Am Mittwoch wurde nach Razzien im Bundeskanzleramt bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und enge Mitarbeiter des Kanzlers ermittelt. Es geht um Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit.
Laut der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft stehen die Durchsuchungen im Zusammenhang mit Zahlungen, die mutmasslich für geschönte Umfragen geleistet wurden, welche «im redaktionellen Teil einer österreichischen Tageszeitung und anderen zu dieser Gruppe gehörenden Medien veröffentlicht» wurden.
Der Vorwurf: Geld für geschönte Umfragen
Es wird dem Verdacht nachgegangen, dass zwischen 2016 und zumindest 2018 Gelder des Finanzministeriums zur Finanzierung von parteipolitisch motivierten und mitunter manipulierten Umfragen eines Meinungsforschungsinstituts verwendet wurden.
Kurz war bis 2017 Aussenminister, bevor er im Mai 2017 das Ruder bei der ÖVP übernahm. Bei den Neuwahlen im Oktober 2017 ging die Volkspartei als stärkste Kraft hervor und Kurz wurde Bundeskanzler.