- Pristina hat Belgrad vorgeworfen, mit dem Militär in Richtung Kosovo vorgerückt zu sein – und zwar «aus drei verschiedenen Richtungen».
- Zuvor zeigten sich die USA besorgt aufgrund eines «beispiellosen» Militäraufmarsches Serbiens im Grenzgebiet.
- Zwischen Serbien und Kosovo war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Scharmützeln gekommen.
Einheiten der Zweiten Brigade der serbischen Armee seien aus Richtung Raska in Richtung der Nordgrenze Kosovos gezogen, Einheiten der Dritten Brigade aus der Region Nis in Richtung der nordöstlichen Grenze und Einheiten der Vierten Brigade aus der Region Vranje in Richtung der Ostgrenze. Dies schrieb die kosovarische Regierung am Samstagabend in einer Mitteilung, die der Deutschen Presse-Agentur DPA vorliegt. Das Vorrücken diene «einer möglichen militärischen Aggression gegen die Republik Kosovo».
Serbien habe am Freitag Militär und Polizei in 48 vorgeschobene Operationsbasen entlang der Grenze zum Kosovo geschickt, im serbischen Hoheitsgebiet, einige Kilometer von der kosovarischen Grenze entfernt. Dabei habe Serbien Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie in Stellung gebracht. Kosovo sei in Abstimmung mit internationalen Partnern «entschlossener denn je, die territoriale Integrität zu schützen», hiess es in der Erklärung der Regierung.
USA fordern Deeskalation
Angesichts wachsender Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo haben die USA die serbische Seite zur sofortigen Deeskalation aufgefordert. US-Aussenminister Antony Blinken telefonierte mit Serbiens Staatspräsidenten Aleksandar Vucic, wie er auf X, vormals Twitter, bekannt gab.
Nach dem Überfall vom vergangenen Sonntag im Nordkosovo verlangte Blinken in dem Telefonat, dass die Verantwortlichen, die sich derzeit in Serbien aufhielten, zur Rechenschaft gezogen werden. Blinken begrüsste die Entsendung zusätzlicher Streitkräfte der Nato in das Balkanland. Über die Zahl der zusätzlichen Soldaten machte der Nordatlantikrat keine Angaben.
Serbien bezeichnet Vorwürfe als «Unwahrheiten»
Laut der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug bestritt Vucic, grössere Militäreinheiten an der Grenze zum Kosovo zusammengezogen zu haben. Er bezeichnete die Vorwürfe aus Washington Tanjug zufolge als «Unwahrheiten».
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sprach hingegen von einem «beispiellosen» Aufgebot von Artillerie und Panzern. «Wir fordern Serbien auf, diese Truppen an der Grenze abzuziehen», sagte Kirby in Washington.
Kosovo bittet USA um Hilfe
Kosovos Regierungschef Albin Kurti bat die USA auf der Plattform X um Hilfe gegen Belgrads «Kriegspläne». Im Telefongespräch mit dem Berater für nationale Sicherheit in den USA, Jake Sullivan, versicherte Kurti, dass die kosovarische Polizei die Zusammenarbeit mit der Schutztruppe Kfor weiterführe.
Das heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt. Über 100 Länder, darunter die Schweiz, erkennen die Unabhängigkeit an. Die Kfor ist seit 1999 für die Gewährleistung der Sicherheit in dem Land zuständig.
Derzeit gehören der Kfor nach jüngsten Angaben etwa 4500 Soldaten aus insgesamt 27 Nato-Ländern und Partnerstaaten an. Die Schweiz nahm zuletzt mit rund 195 Freiwilligen am Einsatz teil.
Das von der EU vorgeschlagene Normalisierungsabkommen sieht vor, dass Serbien de facto, aber nicht de jure, Kosovo anerkennt. Im Gegenzug soll Kosovo die Bildung eines Verbandes der ethnisch serbischen Gemeinden im Nordkosovo zulassen. Pristina sieht in diesem Punkt allerdings die Vorstufe zu einer Abspaltung.