Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer wird die neue Verteidigungsministerin im Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das bestätigte der Regierungssprecher am Abend in Berlin. Sie tritt ihr neues Amt sofort an: Heute Vormittag wird sie im Bundespräsidialamt in Berlin ihre Ernennungsurkunde erhalten. Und das, obwohl sie noch bis vor kurzem beteuerte, sie wolle sich ganz auf den Parteivorsitz konzentrieren. Anja Günther von der ARD erklärt die Gründe für den Meinungsumschwung.
SRF News: Eigentlich wollte sie gar keinen Ministerposten. Weshalb hat Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Meinung geändert?
Anja Günther: Möglicherweise sieht sie hier eine Chance, sich auf diesem Bundesministerposten zu profilieren und zu zeigen, dass sie auch als Ministerin kompetent sein kann. Sie hat als CDU-Chefin zuletzt relativ glücklos agiert. Denken wir zum Beispiel an ihre Reaktion auf das Rezo-Video, ihre verunglückten Witze beim Karneval oder auch das schlechte CDU-Ergebnis bei der Europawahl. Das alles hat ihr nicht genutzt; ihre Umfragewerte sind gesunken. Da wird sie sich gedacht haben, wenn ich jetzt an einer entscheidenden Stelle im Bundesverteidigungsministerium sitze, kann ich mehr entscheiden, mehr leisten und mich dadurch mehr profilieren.
Das Amt der Verteidigungsministerin gilt als eines der schwierigsten Ämter in der deutschen Politik. Weshalb will Annegret Kramp-Karrenbauer ausgerechnet diesen Posten haben?
Für Kramp-Karrenbauer ist das natürlich auch eine Möglichkeit, als Politikerin deutlich sichtbarer zu werden. Sie ist zwar CDU-Chefin, aber sie sitzt nicht im Bundestag, sie hat dort kein Mandat, und sie sitzt bisher auch nicht dort, wo die wichtigen Entscheidungen fallen – nämlich im Bundeskabinett, in der Bundesregierung. Und deswegen ist dieser Verteidigungsministerposten für sie ein Grund zu sagen: Ich gehe dahin, wo es wichtig wird. Ich bin die Nummer 1 in der CDU, also gehöre ich auch ins Bundeskabinett. Ein weiterer Grund könnte auch sein, dass Kramp-Karrenbauer eine Vertraute von Angela Merkel ist, was sie sicherlich angespornt hat, Ja zu sagen zu diesem Posten.
Könnte dieser Posten ein Sprungbrett sein für sie?
Das Verteidigungsministerium kann ein Sprungbrett sein, weil es ein sehr zentrales Ministerium ist. Es gibt viel zu tun. Und wenn man die ganzen dort anstehenden Aufgaben gut lösen würde, dann könnte das für Kramp-Karrenbauer positiv sein – wenn man zum Beispiel an ihre Ambitionen denkt, die nächste Kanzlerkandidatin der CDU zu werden.
Das ist schon ein ziemliches Risiko. Das kann gut gehen, aber es kann eben auch ein Schleudersitz sein.
Allerdings gilt das Ministerium auch als ziemlicher Schleudersitz. Es gab sehr viele glücklose Vorgänger von Kramp-Karrenbauer, weil man in diesem Ministerium vor allen Dingen erst einmal Mängel verwalten muss. Das ist schon ein ziemliches Risiko. Das kann gut gehen, aber es kann eben auch ein Schleudersitz sein.
Wird sie Ministeramt und Parteivorsitz unter einen Hut bringen können? Oder kommt es möglicherweise zu einem Wechsel an der Spitze der CDU?
Sie hat ja in der Tat immer gesagt, es gebe so viel zu tun in der CDU, dass sie als Bundesvorsitzende völlig ausgelastet sei und nicht noch nebenher etwas anderes machen könne. Es wird sicherlich schwierig, beides miteinander zu verbinden. Aber ich denke, sie wird es erst einmal versuchen. Denn mittelfristig hat niemand – vor allen Dingen nicht die Kanzlerin – ein Interesse daran, dass es einen erneuten Wechsel an der CDU-Spitze geben wird.
Das Gespräch führte Teresa Delgado.