Die Wut der Jugend explodiert derzeit auf den Strassen Frankreichs. So wie in L'Haÿ-les-Roses. Hier versuchten Jugendliche bereits Freitagnacht die extra aufgestellten Schutzgitter vor dem Rathaus der Stadt niederzureissen.
Für den Bürgermeister ein traumatisches Erlebnis: «Ich war in meinem Büro. Während meiner 39 Jahre, die ich hier lebe, hatte ich noch nie so viel Angst, wie in dieser Nacht», sagte Vincent Jeanbrun, Bürgermeister von L'Haÿ-les-Roses.
Doch es kommt noch schlimmer: Vergangene Nacht fahren mutmasslich wieder grösstenteils junge Randalierer ein Auto in das Haus des Bürgermeisters und zünden das Fahrzeug danach an. Seine Frau und sein Sohn werden später verletzt. Den Tätern droht nun eine Anklage wegen versuchten Mordes.
Statt hart durchzugreifen, muss die Regierung mehr zuhören.
Heute besuchte die Premierministerin Elisabeth Borne den Pariser Vorort. «Angriffe, wie diese – auf Volksvertreter und öffentliche Gebäude, wie Rathäuser und Polizeistationen – sind inakzeptabel. Die Regierung wird nicht ruhen, bis die öffentliche Ordnung wieder hergestellt ist», sagte sie.
Soziologe: «Vertrauensverlust gegenüber Staat»
Doch woher kommt diese Wut gegen alles, was den Staat repräsentiert? Der bekannte Soziologe Dominique Wolton sieht hinter der Gewaltexplosion der vergangenen Nächte eine Revolte. «Statt hart durchzugreifen, muss die Regierung mehr zuhören», sagt Wolton. «Es ist klar, dass der Präsident manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen muss, aber man darf sich gegenüber den Problemen der Menschen nicht taub stellen. In der Gewalt drückt sich auch ein tief sitzender Vertrauensverlust gegenüber dem Staat aus.»
Viele Jugendliche, gerade in den Banlieues fühlten sich ungerecht behandelt. Denn auch ihre Eltern hätten den Glauben in den Staat verloren, sagt Wolton. Der Aufstand der Jugend wird Frankreich noch lange beschäftigen.