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Ramsan Kadyrow: mehr Influencer als Politiker
Aus Echo der Zeit vom 30.09.2023. Bild: Keystone
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Krieg als Bühne Ramsan Kadyrow und sein Netzwerk in Russland

Wie der tschetschenische Machthaber seinen Einfluss in Russland ausbaut – und dabei seine Taschen füllt.

Russlands Krieg gegen die Ukraine ist eine Bühne, auf der sich verschiedene Akteure zu profilieren versuchen. Einer ist Ramsan Kadyrow. Der 46-Jährige regiert die Teilrepublik Tschetschenien in Moskaus Namen mit harter Hand.

Seine Kämpfer, die Kadyrowzy, sind seit Anbeginn des Grossangriffs auf die Ukraine im Einsatz. Gerne betont Kadyrow seine angebliche Wichtigkeit für die russische Kriegsführung. «Wir wünschen uns, dass es nirgendwo auf der Welt Krieg gibt», erklärt er etwa in einem Video auf seinem Telegram-Kanal. «Und wenn es Krieg geben sollte: Ich liebe es, zu siegen. Weil ich ein Sieger bin.»

Rivalität mit Prigoschin

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Das Aufblasen der eigenen Bedeutung im Krieg vereinte Kadyrow und Jewgenij Prigoschin, bevor dieser nach seinem Aufstand in Ungnade fiel. Eine Zeit lang wiederholte Kadyrow Prigoschins Kritik an der russischen Armeespitze, er nannte Prigoschin gar seinen «Bruder». Kadyrows Kritik am Vorgehen der regulären Armee verstummte aber schnell wieder, stattdessen nahmen er und andere wichtige Kadyrowzy Prigoschin ins Visier. Der verbale Konflikt zwischen Wagner und Kadyrows Leuten hatte sich kurz vor dem Aufstand zugespitzt.  

Auch die Kadyrowzy selbst filmen sich gerne im Kampf, wobei Beobachterinnen und Beobachter sich einig sind, dass die Videos meist weit hinter der Front gedreht werden.

Ramsan Kadyrow inszenierte sich schon immer gerne. Darauf spielt auch Grigorij Schwedow an, wenn er Kadyrow einen «Influencer» nennt. Schwedow ist Herausgeber der unabhängigen Webseite «Caucasian Knot», die über den Kaukasus berichtet.

Drei Gesichtsmasken von Männern.
Legende: Gesichtsmasken in einem Souvenirladen in St. Petersburg: der russische Präsident Wladimir Putin (rechts), Ex-Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (Mitte) und der tschetschenische Regionalführer Ramsan Kadyrow (links). KEYSTONE/ DMITRI LOVETSKY

«Kadyrow ist kein Politiker im klassischen Sinne, sondern eine landesweit einflussreiche Figur», sagt Schwedow. «Er ist schon lange nicht mehr bloss Gouverneur einer kleinen Teilrepublik. Darum sind für ihn weniger die bewaffneten Kadyrowzy wichtig, sondern diejenigen Kadyrowzy, die seinen Einfluss auf die nationale Ebene tragen. Und von ihnen gibt es einige.»

Netzwerk im ganzen Land

Denn der Begriff «Kadyrowzy» bezeichnet für Schwedow Kadyrows Gefolgsleute in allen Gesellschaftsbereichen: nicht nur Kämpfer, sondern auch Duma-Abgeordnete, Unternehmer oder Geistliche. Über alle diese Zweige versucht sich Kadyrow als einflussreicher Staatsmann zu positionieren. So stellt Kadyrow sich und das muslimische Tschetschenien als Fürsprecher aller Muslime in Russland dar. In den letzten Jahren unternahm er mehrere Reisen in den Nahen Osten, um dort angeblich russische Interessen zu vertreten.

«Kadyrow weiss, dass er für den Kreml wichtig bleiben muss», sagt Schwedow. Diese Relevanz sei nicht nur notwendig für sein politisches Überleben: Kadyrow verstehe es seit jeher, sein politisches Kapital in Geld umzuwandeln. Doch nun müsse er seinen Einfluss über Tschetschenien hinaus ausdehnen: Der Geldstrom von Moskau in die nordkaukasische Teilrepublik sei nicht mehr das, was er einmal war. 

Der Wiederaufbau von Tschetschenien

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In zwei Kriegen in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren legte die russische Armee die Städte der Teilrepublik in Schutt und Asche, weil sich Tschetschenien von Russland abspalten wollte. Ramsan Kadyrows Vater, Achmat Kadyrow, kämpfte zunächst gegen die Russen, lief aber später zu ihnen über und wurde nach dem Krieg von Moskau als Oberhaupt Tschetscheniens eingesetzt. 2004 fiel Achmat einem Attentat zum Opfer, kurze Zeit später übernahm sein Sohn. Das von Ramsan Kadyrow regierte Tschetschenien ist weitgehend autonom, bleibt aber dem Kreml treu und wird von ihm durchfinanziert.

«Tschetschenien ist in der russischen Finanzpolitik keine Priorität mehr», so Grigorij Schwedow. Kadyrow habe sich am Wiederaufbau von Tschetschenien bereichert. «Aber dieser ist im Grossen und Ganzen abgeschlossen, da werden kaum mehr Gelder verteilt.»

Nähe zu Putin

In der russischen Machtelite gilt Kadyrow als Aussenseiter. Doch Putin soll er sehr nahestehen. Beim Wagner-Aufstand schickte Kadyrow demonstrativ seine Kämpfer los, um die Meuterei niederzuschlagen.   

Zwei Männer an einem Tisch.
Legende: Ramsan Kadyrow, zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Treffen im Kreml am 13. März 2023. KEYSTONE/MIKHAEL KLIMENTYEV/SPUTNIK/KREMLIN

«Für Kadyrow wäre ein echter Regimewechsel im Kreml eine Katastrophe», sagt Schwedow. «Auch wenn ein solcher im Moment wohl noch weit weg ist: Kadyrows Leute zeigen oft, dass sie bereit sind, Putins Macht zu verteidigen.»

Echo der Zeit, 30.09.2023, 18:00 Uhr

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