Russlands Krieg gegen die Ukraine ist eine Bühne, auf der sich verschiedene Akteure zu profilieren versuchen. Einer ist Ramsan Kadyrow. Der 46-Jährige regiert die Teilrepublik Tschetschenien in Moskaus Namen mit harter Hand.
Seine Kämpfer, die Kadyrowzy, sind seit Anbeginn des Grossangriffs auf die Ukraine im Einsatz. Gerne betont Kadyrow seine angebliche Wichtigkeit für die russische Kriegsführung. «Wir wünschen uns, dass es nirgendwo auf der Welt Krieg gibt», erklärt er etwa in einem Video auf seinem Telegram-Kanal. «Und wenn es Krieg geben sollte: Ich liebe es, zu siegen. Weil ich ein Sieger bin.»
Auch die Kadyrowzy selbst filmen sich gerne im Kampf, wobei Beobachterinnen und Beobachter sich einig sind, dass die Videos meist weit hinter der Front gedreht werden.
Ramsan Kadyrow inszenierte sich schon immer gerne. Darauf spielt auch Grigorij Schwedow an, wenn er Kadyrow einen «Influencer» nennt. Schwedow ist Herausgeber der unabhängigen Webseite «Caucasian Knot», die über den Kaukasus berichtet.
«Kadyrow ist kein Politiker im klassischen Sinne, sondern eine landesweit einflussreiche Figur», sagt Schwedow. «Er ist schon lange nicht mehr bloss Gouverneur einer kleinen Teilrepublik. Darum sind für ihn weniger die bewaffneten Kadyrowzy wichtig, sondern diejenigen Kadyrowzy, die seinen Einfluss auf die nationale Ebene tragen. Und von ihnen gibt es einige.»
Netzwerk im ganzen Land
Denn der Begriff «Kadyrowzy» bezeichnet für Schwedow Kadyrows Gefolgsleute in allen Gesellschaftsbereichen: nicht nur Kämpfer, sondern auch Duma-Abgeordnete, Unternehmer oder Geistliche. Über alle diese Zweige versucht sich Kadyrow als einflussreicher Staatsmann zu positionieren. So stellt Kadyrow sich und das muslimische Tschetschenien als Fürsprecher aller Muslime in Russland dar. In den letzten Jahren unternahm er mehrere Reisen in den Nahen Osten, um dort angeblich russische Interessen zu vertreten.
«Kadyrow weiss, dass er für den Kreml wichtig bleiben muss», sagt Schwedow. Diese Relevanz sei nicht nur notwendig für sein politisches Überleben: Kadyrow verstehe es seit jeher, sein politisches Kapital in Geld umzuwandeln. Doch nun müsse er seinen Einfluss über Tschetschenien hinaus ausdehnen: Der Geldstrom von Moskau in die nordkaukasische Teilrepublik sei nicht mehr das, was er einmal war.
«Tschetschenien ist in der russischen Finanzpolitik keine Priorität mehr», so Grigorij Schwedow. Kadyrow habe sich am Wiederaufbau von Tschetschenien bereichert. «Aber dieser ist im Grossen und Ganzen abgeschlossen, da werden kaum mehr Gelder verteilt.»
Nähe zu Putin
In der russischen Machtelite gilt Kadyrow als Aussenseiter. Doch Putin soll er sehr nahestehen. Beim Wagner-Aufstand schickte Kadyrow demonstrativ seine Kämpfer los, um die Meuterei niederzuschlagen.
«Für Kadyrow wäre ein echter Regimewechsel im Kreml eine Katastrophe», sagt Schwedow. «Auch wenn ein solcher im Moment wohl noch weit weg ist: Kadyrows Leute zeigen oft, dass sie bereit sind, Putins Macht zu verteidigen.»