Bei massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine sind mindestens fünf Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Auch bei diesem Angriff wurden Drohnen eingesetzt, denn sie sind zu einem wichtigen Mittel im Krieg geworden. Die Ukraine hat deshalb eine eigenständige Drohnentruppe geschaffen. SRF-Ukraine-Korrespondent David Nauer ordnet ein.
Wieso setzt die Ukraine im Krieg auf eine neue Drohnentruppe?
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski macht den Drohnenkrieg mit diesem Entscheid quasi zur Chefsache. Aus militärisches Sicht ergibt das durchaus Sinn. Drohnen spielen in diesem Krieg eine ungeheuer wichtige Rolle: einerseits für die Aufklärung, andererseits auch als Angriffswaffe. Konkret sind das dann kleine Kamikazedrohnen mit einer Granate, die in ein Ziel geflogen werden und dort explodieren. Diese Art des Drohnenkriegs soll nun verstärkt werden. Die Ukrainer hoffen, mit diesen Drohnen die russischen Angreifer aufhalten oder vielleicht sogar zurückdrängen zu können.
Woher kommen die Drohnen?
Teilweise importieren die Ukrainer Drohnen, aber sie produzieren seit ein paar Monaten auch massenhaft selber Drohnen – und zwar nicht in grossen Fabriken, sondern in Dutzenden kleinen Werkstätten im ganzen Land. Das muss man sich so vorstellen: Da sitzen ein paar Technikerinnen oder Techniker in einem Keller oder in einer Garage und löten eine Drohne nach der anderen zusammen. Das ist sehr dezentral, aber es funktioniert. Allein in diesem Jahr wollen die Ukrainer eine Million Drohnen produzieren.
Was erhofft sich die Ukraine mit der Drohnentruppe?
Die Ukraine macht quasi aus der Not eine Tugend. Denn es fehlt ihr an Artilleriemunition. Deswegen setzt sie jetzt auf Drohnen, die sie selbst bauen kann. Das wird an der Front bestimmt Auswirkungen haben. Drohnen sind eine sehr effiziente Waffe: Erstens treffen sie ihr Ziel meistens. Zweitens sind sie sehr günstig. Eine Drohne für ein paar hundert Franken kann einen millionenteuren Panzer zerstören. Das heisst, eine massive Aufrüstung mit Drohnen wird die ukrainische Feuerkraft zweifellos stärken.
Wird der Krieg durch technische Neuerungen professioneller?
Man kann sagen: Krieg macht erfinderisch. Der Ukraine-Krieg hat für einen richtigen Innovationsschub bei der Drohnentechnologie gesorgt. Zu Beginn hatten die Ukrainer grosse, teure Kampfdrohnen aus der Türkei. Inzwischen werden massenhaft sogenannte FPV-Drohnen («First Person View») eingesetzt. Das sind billige, kleine Drohnen wie aus dem Elektronikfachmarkt. Sie haben vorne eine Kamera und einen Sprengsatz montiert. Der Pilot setzt sich eine spezielle Brille auf, durch die er das Kamerabild der Drohne sieht. Diese Drohnen machen derzeit regelrecht Jagd an der Front: Sie verfolgen Panzer des Feindes oder auch einfach Autos, sie können sogar einzelne Soldaten jagen. Jeden Tag sterben Soldaten, weil sie von FPV-Drohnen getroffen wurden.