US-Präsident Joe Biden will an der Mittelmeerküste einen temporären Hafen für Hilfslieferungen für den Gazastreifen einrichten lassen. In den nächsten Wochen soll ein Pier entstehen, an dem grosse Schiffe anlegen können. So wollen die USA zusammen mit anderen Ländern Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Wasser und Medizin ins Kriegsgebiet bringen, wo sich eine humanitäre Katastrophe abspielt.
Die Bevölkerung im abgeriegelten Gazastreifen kann über Israel nicht ausreichend versorgt werden. Deshalb wurden in den letzten Tagen zusätzlich auch Hilfslieferungen aus der Luft abgeworfen, welche den Bedarf aber längst nicht decken. Mit dem von den USA geplanten Nothafen könne sich die Lage der notleidenden Bevölkerung verbessern, schätzt Gisela Dachs, freie Journalistin in Tel Aviv.
Einfachere Kontrollen – Lieferungen über Zypern
Mit dem westlich kontrollierten Nothafen würden sich auch die langwierigen Sicherheitskontrollen der Lieferungen beschleunigen, die bisher allein über einen ägyptischen Hafen laufen und dann am Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen oft feststecken. Die Lieferungen sollen künftig allesamt über den zyprischen Hafen Larnaka laufen.
Im Zusammenhang mit dem geplanten Seekorridor weilt am Freitag auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei Präsident Nikos Christodoulidis in Zypern. Offenbar sollen die Hilfsgüter vor der Küste von Gaza von grossen Schiffen aus mit kleineren Schiffen an Land geschafft werden.
Noch keine Angaben gibt es dazu, wer den geplanten Nothafen erstellen wird. US-Präsident Biden hat bereits betont, dass für diese Arbeiten kein einziger US-Soldat Festland betreten werde. Weitere Schwierigkeiten dürften sich auch bei der künftigen Verteilung der Güter ergeben. Die Hamas kann dann nämlich weiterhin Checkpoints aufstellen und Lieferungen für eigene Zwecke abfangen, wie Journalistin Dachs feststellt.
Bedeutung für Geiseldeal und mögliche Waffenruhe?
Wie sich der Vorstoss der Amerikaner auf eine mögliche Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas auswirkt, ist offen. Die Verhandlungen steckten anscheinend weiter fest, sagt Dachs und erinnert daran, dass Israel in Vergangenheit die Hilfslieferungen auch als Druckmittel gegen Hamas-Chef Yahya Sinwar eingesetzt hat.
US-Präsident Biden machte nun seinerseits klar, dass humanitäre Hilfe kein Verhandlungsgut sei. Der wachsende internationale Druck auf Israel könnte die Hamas wiederum denken lassen, dass eine Waffenruhe auch ohne Verhandlungen über einen Geiseldeal erreicht werden könnte. Offenbar werde in Kairo weiterhin verhandelt, so Dachs. Als inoffizielle Deadline sei offenbar der Beginn des Ramadan am Sonntag genannt worden.