Darum geht es: Nach der Tötung von Hamas-Führer Ismail Hanija in Iran hat die palästinensische Terrororganisation neu Yahya Sinwar zum politischen Führer bestimmt. Der Terrorist versteckt sich angeblich tief im Tunnelnetzwerk unter dem Gazastreifen. Was das für den Fortgang des Gazakriegs unmittelbar bedeutet, erklärt SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner.
Der neue Hamas-Führer: Yahya Sinwar ist der meistgesuchte Terrorist der Welt. Er gilt als Drahtzieher und Planer des grausamen Hamas-Angriffs vom Gazastreifen auf Israel am 7. Oktober 2023. Für Israel ist Sinwar ein «Dead Man Walking», wie es Aussenminister Israel Katz formulierte – also zum Abschuss freigegeben.
Folgen für Verhandlungen: Sinwar ist ein Mann, mit dem man nicht von Angesicht zu Angesicht reden kann oder will. De facto war er bereits die Nummer eins der Hamas im Gazastreifen. Den Angriff auf Israel soll er geplant und ausgeführt haben, ohne den letzte Woche im Iran getöteten Politchef Ismail Hanija informiert zu haben. Hanija sass damals in einem Luxushotel in Katars Hauptstadt Doha, während Sinwar im Gazastreifen war, wo er mutmasslich noch immer ist.
Ohne Einverständnis von Sinwar wäre auch die Waffenruhe im letzten November nicht möglich gewesen. Damals kamen über 100 Hamas-Geiseln frei. Sinwar selbst wird sich im Gegensatz zu Hanija aber sicher nicht an einem Verhandlungstisch zeigen. Ohne ein Gesicht werden Verhandlungen noch schwieriger. Vor allem aber wird jetzt wieder viel Zeit verstreichen. In dieser Zeit werden wohl noch mehr Geiseln sterben.
Folgen für Gazakrieg: Da Sinwar als Verhandlungspartner für Israel nicht akzeptabel ist, gibt es kaum Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe, geschweige denn auf ein Ende des Krieges. Die Bevölkerung in Gaza wird weiter bombardiert werden, hungern, krank werden und sterben. Das passt in die Philosophie der Hamas und vor allem auch Sinwars: Die eigene Bevölkerung soll für die Hamas-Pläne Opfer bringen. Das Martyrium soll sie irgendwann in eine bessere Zukunft führen. Das dürfte eine Illusion sein. Mit Sinwar als Politchef ist nur eines klar: Es geht weiter in den Abgrund.