Die Ruag hätte gerne der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall 96 Leopard-1-Panzer verkauft, die diese dann der Ukraine weitergegeben hätte. Der Bundesrat hat dies untersagt. Andere Länder liefern der Ukraine aber über 50 Jahre alte Leopard-Panzer. SRF 4 News hat bei Ralph Thiele, Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft nachgefragt, was diese Panzer überhaupt noch taugen.
SRF News: Sind die alten Kampfpanzer überhaupt noch einsatzfähig?
Ralph Thiele: Das sind sie tatsächlich. Es hängt immer vom Kontext ab, sie sind vielen Panzern der Welt überlegen. Aber die alten Leopard-Panzer sind auch mit einigen Schwächen, insbesondere im Seitenschutz, ausgestattet.
Können denn diese alten Panzer einfach so modernisiert werden?
Sie werden nicht wirklich modernisiert, sondern lediglich in den alten Status Quo versetzt. Das ist leicht möglich. Jedes der alten Systeme besteht aus vielen Modulen, die jetzt wieder zusammengesteckt werden.
Alte Panzer sind tatsächlich angreifbar, weil der Feind lernt ja mit.
Da hält sich der Aufwand in Grenzen, um diese Sachen wieder zusammenzustecken?
Bedingt, im Grunde stehen heutzutage viele Panzer zur Verfügung. Diese nutzen sie als Ersatzteillager und stecken das zusammen, was funktioniert. Die entsprechenden Panzer werden dann gewartet, gepflegt, geölt, kalibriert und dann funktionieren sie wieder. Das ist kostengünstiger als ein neuer Panzer.
Sind alte Panzer nicht angreifbare Ziele?
Alte Panzer sind tatsächlich angreifbar, weil der Feind lernt ja mit. Er lernt, welche Schwächen so ein alter Panzer hat. Diese können über Minen oder Beschuss bekämpft werden. Die alten Leopard-Panzer sind insbesondere an der Seite leicht zu bekämpfen und ihre Schiessqualität ist geringer als bei den Nachfolgemodellen.
Bei falschem Gebrauch werden auch neue Systeme ganz schnell zu Schrott.
Die alten Panzer müssen zuerst aufgerüstet werden. Wie schnell wären die alten Leopard-Panzer Ihrer Meinung nach in der Ukraine im Krieg einsatzfähig?
Das dauert immer mehrere Monate bis zu einem Dreivierteljahr. Das liegt an den fehlenden Produktionsketten. Es besteht weder Platz, noch sind Arbeitskräfte oder Ersatzteile vorhanden. Das muss organisiert werden. Nach ein paar Monaten ist dies aber gelöst, wie die Erfahrung zeigt.
Könnte man ironisch sagen, der Westen liefert Altmetall in die Ukraine?
Wenn man es spöttisch sagen will, ja. Allerdings werden bei falschem Gebrauch auch neue Systeme ganz schnell zu Schrott. Wir haben also alte Geräte, die richtig bedient werden müssen, damit sie nützlich sind. Werden sie falsch bedient, ist das alte Gerät ganz schnell Schrott in der Ukraine.
Ein Krieg besteht aus vielen Systemen und Menschen. Das ist wie ein grosses Symphonieorchester.
Im Krieg in der Ukraine werden neben Minen, auch moderne Drohnen eingesetzt. Können die alten Leopard-Panzer die Wende im Krieg bringen?
Sie sind ein Element. Ein Grundproblem sehe ich darin, dass im Krieg oftmals das Zusammenwirken nicht gesehen wird. Ein Krieg besteht aus vielen Systemen und Menschen. Das ist wie ein grosses Symphonieorchester. Da sind alte Waffensysteme und neue. Für alle Dinge braucht es Profis, die damit umgehen. Das Zusammenspiel macht schliesslich den Erfolg aus. Ein Gerät, wie jetzt beispielsweise der Leopard-Panzer, wird alleine nicht die Wende bringen. Zudem hat die Ukraine die Waffensysteme für ein Zusammenspiel nicht. Sie muss das im Grunde mitten in der Operation alles zusammenstecken und dann lernen, gut damit umzugehen.
Das Gespräch führte Nicole Roos.