Der Ukraine-Krieg wird erzählt durch Bilder und Eindrücke vor Ort. Einer, der sie erzählt, ist Andriy Dubchak, ukrainischer Fotograf und Reporter.
SRF News: Bilder prägen unsere Wahrnehmung vom Krieg. Welche Geschichte möchten Sie uns mit Ihren Bildern erzählen?
Andriy Dubchak: Das wichtigste Ziel meines Projektes ist, die Realität zu zeigen – durch die persönlichen Blicke auf den Krieg. Im Krieg geht es nicht hauptsächlich um Waffen, Projektile und Granaten. Es geht um Menschen, ihre Emotionen, ihr Wesen. Es geht also um die Ukrainerinnen und Ukrainer, die für ihr eigenes Land kämpfen und das alles für den Frieden, für das Land, für ihre Verwandten und ihre Heimat.
Sie zeigen auf Ihrer Instagram-Plattform auch viele Bilder von jungen Frauen, die zu den Waffen greifen.
Ja, es sind extrem viele Menschen, die zu den Waffen greifen. Ich habe das nicht erwartet, es sind viele junge Männer und Frauen mit den unterschiedlichsten Berufen wie IT-Manager oder Ärztinnen. Sie greifen zu den Waffen, um ihre Heimat zu verteidigen. Es ist keine Frage der Sprache, viele von denen sprechen Russisch. Es sind einfach Menschen, die ihre Heimat und ihre eigene Meinung verteidigen wollen.
Es wird viel von Propaganda gesprochen, vor allem von russischer Propaganda. Aber schauen wir auf Ihre Seite: Wie weit würden Sie gehen, um mit Ihren Bildern die Wahrnehmung des Krieges zu beeinflussen?
Mein wichtigstes Anliegen ist es, der Welt diese Geschichte hier zu erzählen, und zwar durch meine Augen. Ich versuche nicht, Propaganda zu machen. Ich versuche nur, die Geschichten zu erzählen, die Realität abzubilden. Bilder sind zurzeit die stärkste Waffe, um die Ukraine zu beschützen. Wenn man ein starkes Bild sieht, glaubt man dieser Information – oder man tut es nicht. Aber es löst einen emotionalen Prozess aus. Jeder historische Moment in der Geschichte kreiert diese Bilder, an die sich die Welt für immer erinnert.
Wenn man ein starkes Bild sieht, glaubt man dieser Information – oder man tut es nicht. Aber es löst einen emotionalen Prozess aus.
Welches von Ihren Bildern steht symbolisch für diesen Krieg?
Das eine ist das Foto der getöteten Familie in Irpin, die auf dem Boden lag. Das zweite Bild, das ich kürzlich veröffentlicht habe, ist das einer Grossmutter. Sie versucht, ihre Katze zu retten, während ukrainische Helfer versuchen, die Grossmutter zu retten. Ich habe drei Katzen und ich musste weinen, als ich das sah.
Wie können Sie als ukrainischer Journalist über diesen Krieg berichten? Ist das objektiv möglich?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, bis jetzt konnte ich objektiv sein, denn es ist eine grässliche und offensichtliche Aggression und Russland machte sehr schlimme Dinge wie zum Beispiel die Tötung von Zivilisten und so weiter. Wir hatten viele Diskussionen zwischen unseren Journalistinnen und Journalisten und unseren internationalen Kollegen über unsere Situation, die Invasion und was wir tun können. Wir können einfach nur die Realität zeigen.
Das Gespräch führte Barbara Lüthi.