Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat einen langen Weg hinter sich. Vor drei Jahren holte sie den Wahlsieg, weil sie versprach, die EU auf Distanz zu halten. Dazu verfolgte sie eine äusserst restriktive Einwanderungspolitik. So gelang es der Sozialdemokratin, den populistischen dänischen Parteien zur Rechten und Linken das Wasser abzugraben.
Kehrtwende in «historischen Zeiten»
Bisher hat sich das EU-Mitglied Dänemark nicht an militärischen Operationen in Europa beteiligt, obwohl es zur Nato gehört. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat jetzt aber auch bei Ministerpräsidentin Frederiksen ein schnelles Umdenken bewirkt. Am Sonntag trat sie gemeinsam mit vier weiteren Parteivorsitzenden vor die Medien und gab einen, wie sie sagte, historischen Kompromiss, bekannt:
«Historische Zeiten verlangen historische Beschlüsse und dazu sind wir fünf Parteien jetzt bereit», so Frederiksen. Die Sozialdemokraten, die Rechtsliberalen, die Konservativen, Linksliberalen und Linkssozialisten wollen nun voll und ganz in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union mitwirken: Eine 180-Grad-Wende also.
Mehr für Verteidigung – weniger für russisches Gas
Im sogenannten «nationalen Kompromiss zur Sicherheit» haben die grossen dänischen Parteien zudem beschlossen, das Verteidigungsbudget massiv zu erhöhen und sich so schnell wie möglich von russischem Gas unabhängig zu machen.
Insgesamt soll über die nächsten zwei Jahre umgerechnet knapp eine Milliarde Euro in die Landesverteidigung gesteckt werden. Das Verteidigungsbudget soll auf die Nato-Anforderung von mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts angehoben werden.
Dänemarks Kehrtwende in der europäischen Sicherheitspolitik ist bemerkenswert. Das nordische Königreich sah sich bislang zwar als Nato-Partner der USA, wollte jedoch die EU in Fragen der inneren und äusseren Sicherheit auf Distanz halten.
Volk hat das letzte Wort
Entsprechende Ausnahmebestimmungen erhielt Dänemark 1993, nachdem die Stimmbevölkerung in einer ersten Abstimmung zum Maastrichter Vertrag Nein gesagt hatte. Auch jetzt erhalten die dänischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wieder das letzte Wort: Am 1. Juni findet die Volksabstimmung zur dänischen Teilnahme in der gemeinsamen EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik statt.
Russlands Ukraine-Krieg hat die Länder in Nordeuropa aufgeschreckt. In Finnland verlangt eine Volksinitiative einen schnellen Beitritt zur Nato. Eine solche Diskussion wird nun auch in Schweden geführt. Und in Norwegen erwägen selbst die Linkssozialisten, die aus dem Nato-Widerstand entstanden sind, ihre Position grundlegend zu ändern.