Die ukrainischen Behörden in Charkiw warnen die Bevölkerung vor Landminen, die auf die nordöstliche Stadt abgeworfen worden seien. Am Montag sperrten die Sicherheitskräfte ein Gebiet im Osten von Charkiw ab, um eine Reihe kleiner, in Wohnstrassen verstreuter Sprengsätze zu beseitigen.
In einem Interview mit dem TV-Sender NTV schildert ein Anwohner, wie über seinem Wohngebiet mitten in der Nacht Minen vom Himmel fielen. «Wir haben die Umgebung abgesucht und eine Menge davon in unserem Hof gefunden.» Minenräumungskommandos suchten die Gegend nach den Minen ab. Gesprengt werden sie mit Schüssen oder Fernzündern.
Wenn man sich anschaut, wie russische Minen in Afghanistan oder auch in Syrien eingesetzt wurden, dann handelt es sich dabei auch um Terrorwaffen.
Der Leiter der ukrainischen Minenräumungseinheit sagte, es handele sich um PTM-1M-Minen aus Plastik, die mit Zeitzündern detonierten und von den sowjetischen Streitkräften in Afghanistan weithin eingesetzt wurden.
Der Militärstratege und Politologe Niklas Masuhr vom Center for Security Studies der ETH Zürich kennt die Minen aus russischer Produktion. Sie werden aus Helikoptern oder Flugzeugen abgeworfen oder über Raketenartillerie verteilt.
Besonders gefährlich für die Zivilbevölkerung sind die Minen, weil sie sehr unpräzise sind und weit verstreut über Gebieten landen – und sich dabei etwa auch in Baumkronen verfangen. «In Russland werden sie auch als Anti-Panzerminen betitelt, sie sind aber auch zum Einsatz gegen Menschen geeignet», sagt Masuhr.
Minen als militärische Sperren – und Terrorwaffen
Laut dem ETH-Experten hat Russland solche Minen auch in Syrien, Tschetschenien und in der Ostukraine eingesetzt, in der es seit Jahren zu Kampfhandlungen kommt. Eine militärische Funktion von Minen ist die Sicherung eroberter Gebiete: Sie können diese für den Gegner schwer passierbar machen.
«Wenn man sich aber anschaut, wie russische Minen in Afghanistan oder auch in Syrien eingesetzt wurden, dann handelt es sich dabei auch um Terrorwaffen», sagt Masuhr. Russland beharrt weiterhin auf den Einsatz der geächteten Landminen – auch wegen der Angst, die sie in der Zivilbevölkerung verbreiten, wie der ETH-Experte vermutet.
Die Verlegung von Minen ist relativ einfach und kostengünstig, die Räumung hingegen langwierig, kompliziert und teuer. Masuhr bestätigt: «Es ist extrem schwierig, Minen wieder wegzuräumen. Die Räumung wird zusätzlich erschwert, wenn sie in urbanen Gebieten eingesetzt werden.»
Moderne Versionen der russischen Minen haben zudem seismische Sensoren: Sie erkennen eine sich nähernde Person und die Sprengladung geht hoch, ohne dass eine direkte Berührung nötig ist.
Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat Russland Minen dieses Typs bereits Ende März in der Region Charkiw eingesetzt. Die von den POM3-Minen weggeschleuderten Splitter mit einer Reichweite von 16 Metern sind speziell darauf ausgerichtet, die Augen, den Hals und den Schritt zu treffen.
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