Die Situation in Bachmut wird für die ukrainischen Truppen immer prekärer. Gemäss Einschätzung britischer Geheimdienste stünden sie unter erheblichem Druck, denn die Stadt werde von drei Seiten durch russische Streitkräfte angegriffen. Das russische Militär versucht seit Wochen, Bachmut zu erobern. Auslandredaktor David Nauer berichtet für SRF über die Ukraine und kennt die Bedeutung der umkämpften Stadt.
SRF News: Wie ist die Lage in Bachmut?
David Nauer: Die Lage ist sehr schwierig für die Ukrainer. Die Russen drängen aus drei Richtungen vor – nur noch im Westen gibts einen schmalen Korridor. Über diesen versorgen die Ukrainer die Stadt. Dort gibt es heftige Kämpfe um die letzten Versorgungsrouten.
Es sieht so aus, dass die Ukrainer mindestens den Ostteil der Stadt aufgeben wollen.
Es sieht so aus, dass die Ukrainer mindestens einen Teil, den Ostteil, der Stadt aufgeben wollen. Aber Bachmut insgesamt soll weiter verteidigt werden, das sagte mir am Samstagnachmittag eine Quelle aus den ukrainischen Streitkräften.
Welche Bedeutung hat diese Stadt für die Ukraine?
Es tönt furchtbar, aber es ist wohl in der kalten Logik des Krieges so, dass Bachmut für die Ukrainer ein Fleischwolf ist. Ein Ort, den sie möglichst lange verteidigen, um den Russen möglichst hohe Verluste zuzufügen. Ein Angreifer verliert meist sehr viel mehr Männer und Material als der Verteidiger. Kalkül der Ukrainer dürfte also sein, Bachmut so lange wie möglich zu halten, um die russische Armee zu schwächen.
Könnte sich Bachmut also auch als Pyrrhussieg, als Erfolg mit sehr hohen Verlusten für die Russen, erweisen?
Das könnte sein. Und es ist das, worauf viele in der Ukraine hoffen – dass die Russen nach der Schlacht von Bachmut ausgeblutet sind.
So soll dann irgendwo an einem anderen Frontabschnitt eine ukrainische Gegenoffensive kommen.
So soll dann irgendwo an einem anderen Frontabschnitt eine ukrainische Gegenoffensive kommen, etwa im Süden. Aber ob diese ukrainische Hoffnung berechtigt ist, weiss ich nicht.
Besteht ein Druck aus dem Westen, dass die Ukraine ihre Kampfkraft beweisen muss, damit sie weiterhin militärisch unterstützt wird?
Nun, das wird weder in Washington noch in Brüssel jemand so offen sagen. Aber natürlich wird erwartet, dass die Ukrainer mit den westlichen Waffen Erfolge erzielen – die Regierung in Kiew und das ukrainische Militär wecken auch entsprechende Erwartungen. So ist in den letzten Wochen mehrfach von einer bevorstehenden grossen Offensive die Rede – von viel Land, das befreit werden soll. Irgendwann muss Kiew das auch umsetzen.
Das Gespräch führte Rebecca Villiger.