Diese Woche ist in der Rebellenhochburg Ost-Ghuta zum ersten Mal seit gut zwei Monaten wieder eine Hilfslieferung eingetroffen: Ein Konvoi aus neun Lastwagen der UNO und des syrischen Halbmondes brachte Hilfsmittel. Die Lieferungen reichen für rund einen Monat und müssen 7000 Menschen versorgen. Jakob Kern, Leiter des Welt-Ernährungsprogramms, gibt eine Übersicht über die Lage vor Ort.
Wie viele Menschen konnten mit den Hilfsgütern versorgt werden? Es sind nur zwei Prozent der Bevölkerung von Ost-Ghuta, die etwas bekommen haben, so Kern. Nashabiyah ist der einzige Ort, der relativ einfach erreichbar ist: Er liegt am Rande der Enklave Ost-Ghuta und ist nicht unter Beschuss.
Wie ist die aktuelle Situation in Ost-Ghuta? Die Einwohner werden praktisch täglich beschossen. Die Leute leben in Untergeschossen, können nur sporadisch hinaus, um Lebensmittel zu besorgen. Die Preise sind sehr hoch. Die Grundversorgung medizinischer Art fehlt, eine Erkältung kann sehr schnell lebensgefährlich werden. Erwachsene nehmen nur eine Mahlzeit pro Tag ein, um den Kindern mehr zu geben, weiss der Leiter des Welt-Ernährungsprogramms. Die Kinder sind offensichtlich unterernährt. Nach acht Jahren Krieg ist auch körperlich und finanziell nicht mehr viel Reserve vorhanden. Seit zwei Jahren leben die Menschen in dauernder Angst, beschossen oder mit Artillerie-Granaten getroffen zu werden.
Weshalb ist die Stadt für das syrische Regime derart wichtig? Weil Ost-Ghuta eine Vorstadt von Damaskus ist. Das ist in der Reichweite von Artillerie- und Minenwerfen. Dem Regime ist es ein Dorn im Auge, dass die Hauptstadt Damaskus jeden Tag aus einem Rebellengebiet mit dreissig Granaten beschossen wird, sagt Kern.
Wie geht es weiter? Die Hilfsorganisationen hoffen auf die grossen Mächte, die Einfluss auf die Kriegsparteien haben. Sie haben sich am Mittwoch wieder getroffen und einen neuen Versuch gemacht, für Ost-Ghuta einen Waffenstillstand von mindestens zwei Tagen zu erreichen, damit Hilfslieferungen gemacht werden können, so Kern. Denn vor Ort braucht es mindestens drei Wochen, um die ganze Enklave für einen Monat zu versorgen.