Im russischen Staatsfernsehen herrscht Feierstimmung. Der Trophäen-Zug beginnt seine grosse Fahrt durchs Land. Mit den gezeigten Waffen hätten Terroristen jahrelang in der syrischen Wüste gekämpft, sagt der Sprecher.
Jetzt stehen die zerschossenen Fahrzeuge auf offenen Wagons im russischen Schnee. Es ist ein richtiger Museumszug: Gezeigt werden erbeutete Sturmgewehre, Panzerwagen – ja sogar ein Labor zur Herstellung von Chemiewaffen. All das – so behauptet das Verteidigungsministerium – seien Kriegstrophäen, welche die russische Armee in Syrien erbeutet habe.
Waffen aus US-Produktion
Und um ganz klar zu machen, wie global dieser russische Sieg ist, werden genüsslich Waffen aus westlicher Produktion gezeigt – amerikanische oder deutsche Gewehre etwa. Die Botschaft: Der Westen hat die Terroristen ausgerüstet – Russland hat die Terroristen besiegt. Verschwiegen wird, dass die meisten Islamisten und Rebellen in Syrien mit russischen Kalaschnikows kämpfen.
In den Lehrbüchern unserer Propagandisten steht immer noch: Ein erfolgreicher Feldzug muss mit Trophäen gleichsam ‹dokumentiert› werden.
Auf einer Webseite des Verteidigungsministeriums ist der Fahrplan des Trophäen-Zugs aufgeführt, in Dutzenden Städten sind Stopps geplant: Von Moskau ist die Komposition aus 20 Wagen bereits nach Süden ans Schwarze Meer gefahren. Weiter geht die Fahrt nun bis in den äussersten Osten Russlands, nach Wladiwostok. Ende April soll der Zug dann wieder zurück in der Hauptstadt sein.
Die ganze Aktion passt zur russischen Armee, sagt der unabhängige russische Militärexperte Pavel Felgenhauer: «Das Präsentieren von Trophäen ist eine alte Tradition in Russland. Schon im Zweiten Weltkrieg zeigte die Sowjetregierung öffentlich erbeutete deutsche Waffen. Und in den Lehrbüchern unserer Propagandisten steht immer noch: Ein erfolgreicher Feldzug muss mit Trophäen gleichsam ‹dokumentiert› werden.»
Es herrscht keine Euphorie in Russland über diesen Krieg.
Der Kriegseinsatz in Syrien braucht dabei ganz besonders propagandistische Unterstützung: Denn der Einsatz russischer Soldaten in der weiten Ferne ist nicht besonders beliebt. Zu weit weg, zu kompliziert ist der Konflikt in dem arabischen Land.
Militärexperte Felgenhauer sagt es so: «Es herrscht keine Euphorie in Russland über diesen Krieg. Es wurde ja nicht Kiew erobert, sondern Städte wie Palmyra, von denen viele gar nicht wissen, wo sie liegen.»
Anders gesagt: Der Konflikt mit der benachbarten Ukraine hat die Russen aufgewühlt – der Einsatz in Syrien lässt viele kalt. Der Propaganda-Zug soll das ändern.
Wer hat die Waffen erbeutet?
Ob das gelingt, bleibt ungewiss. Einerseits haben nach offiziellen Angaben schon Zehntausende die Ausstellung besucht. Andererseits gibt es in sozialen Medien viel Kritik an der fahrenden Trophäen-Schau. Der Tenor dabei: In Russland, vor allem in der Provinz, verlottere die Infrastruktur, für eine grosse Militärschau aber sei Geld da.
Experten weisen noch auf ein anderes Problem hin: Offiziell ist Russland in Syrien vor allem mit der Luftwaffe präsent. Grössere Truppenverbände am Boden wurden nicht eingesetzt. Wie, stellt sich die Frage, kommt die Armee denn zu all diesen Beute-Waffen?
Abschliessend beantworten lässt sich diese Frage nicht. Denn, es ist wohl wie oft: Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer.