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Kriegswirtschaft des Kreml Warum Russlands Wirtschaft schlingert

Die russische Wirtschaft ist angespannt, der Rubel schwach, die Inflation hoch. Und das spüren die Menschen im Land. Just zum grössten Fest des Jahres, dem Neujahrsfest, sind einige Grundnahrungsmittel schwindelerregend teuer. Russland-Korrespondent Calum MacKenzie mit den wichtigsten Antworten.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Worin besteht das Problem der russischen Wirtschaft?

Die Rüstungsindustrie und die Kriegswirtschaft des Kreml verursachen die Probleme. Der russische Staat pumpt etwa 40 Prozent des Budgets in den Militär- und Sicherheitssektor. Es ist viel Geld im Umlauf, die Leute geben mehr aus, was zu einer massiven Inflation führt.

Gleichzeitig ist die Wirtschaft am Anschlag, es gibt kaum mehr Kapazitäten, um mehr zu produzieren, es fehlen etwa fünf Millionen Arbeitskräfte, die Sanktionen schränken die Unternehmen ein und machen Importe teurer. Die Wirtschaft stagniert, das würde man normalerweise mit einer Senkung des Leitzinses bekämpfen. Die massive Inflation geht man aber in der Regel mit Erhöhungen des Leitzinses an. Die russische Wirtschaft befindet sich also in einer doppelt schwierigen Situation, für die es keine einfache Lösung gibt.

Ein Mann verlässt eine Moskauer Bank.
Legende: Auch der Rubel schwächelt: Ein Mann verlässt eine Moskauer Bank. AP Photo/Pavel Bednyakov

Wie wirkt sich das auf die Unternehmen im Land aus?

Mit Ausnahme der Rüstungsindustrie stagnieren oder schrumpfen alle Bereiche der Privatwirtschaft. Unternehmer beklagen, sie könnten wegen des hohen Leitzinses keine Kredite mehr aufnehmen. Aber viele Unternehmen sind auf Kredite angewiesen, um ihren Tätigkeiten nachzugehen: In der Baubranche muss man beispielsweise meist Kredite aufnehmen, um grosse Projekte zu realisieren. Jetzt können viele entweder nicht bauen oder machen Schulden, die sie nicht mehr zurückzahlen können. Ein sehr grosses russisches Bauunternehmen soll gar am Rande des Konkurses stehen. Auch der Verband der Einkaufszentren schlug jüngst Alarm: 200 Einkaufszentren laufen Gefahr, bankrott zu gehen.

Warum hebt die Zentralbank den Leitzins nicht? an

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Elwira Nabiullina
Legende: Wurde auch schon als Retterin von Putins Kriegswirtschaft bezeichnet: Elwira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank. Yuri Kochetkov/Pool Photo via AP

Zentralbank-Chefin Elwira Nabiullina hat am Freitag erklärt, dass der hohe Leitzins nun Wirkung zeige. Die Wirtschaft kühle langsam ein wenig ab. Dies werde auch die Teuerung eindämmen. Es sei deswegen nicht nötig, den Leitzins jetzt noch einmal anzuheben. Aber es ist unklar, inwiefern die Überhitzung der russischen Wirtschaft tatsächlich abnimmt.

Was wir hingegen wissen, ist, dass Nabiullina und die Zentralbank in den letzten Wochen heftige Kritik einstecken mussten: Gewichtige Unternehmer und Oligarchen, die auch Putin nahestehen, sagten, sie könnten bei einem so hohen Leitzins nicht wirtschaften und ihre Produktivität nicht steigern. Darunter waren auch Chefs von Rüstungsunternehmen – und dass die Waffenproduktion läuft, ist für den Kreml aktuell das Wichtigste. Es steht also der Verdacht im Raum, dass die Zentralbank unter Druck aus dem Kreml zu diesem Entscheid gekommen ist.

Wie spüren die Russinnen und Russen die hohe Inflation?

Aktuell liegt die Inflation bei 9.5 Prozent. Die Leute spüren diese hohe Teuerung schon. Der Preis von Butter hat sich verdoppelt. Der Preis von Eiern hat sich mehr als verdoppelt. Kartoffeln kosten 65 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das wiegt gerade vor dem wichtigen Neujahrsfest schwer: Der Verband der Lebensmittelhersteller hat ausgerechnet, dass ein typisches Festessen an Silvester dieses Jahr über 10 Prozent teurer wird. Auch Weihnachtsbäume kosten deutlich mehr. Eine Zeit lang relativierten steigende Löhne die Teuerung etwas, aber das scheint jetzt nicht mehr zu wirken.    

Eine Frau kauft in einem Supermarkt in Moskau ein.
Legende: Das Leben ist spürbar teurer geworden: Eine Frau kauft in einem Supermarkt in Moskau ein. EPA/MAXIM SHIPENKOV

Kommt die russische Wirtschaft aus ihrem Teufelskreis heraus?

Das ist schwer zu sagen, vor allem wenn es tatsächlich so ist, dass der Kreml die Zentralbank nun direkt zu beeinflussen versucht. Eigentlich kann man die Inflation nicht bändigen, solange der Staat so viel Geld in die Rüstungsindustrie investiert. Und der Kreml hat nicht vor, damit aufzuhören. Lange sah die russische Wirtschaft gut aus, aber Expertinnen und Experten sagten immer, dass diese auf Krieg getrimmte Wirtschaftspolitik nicht nachhaltig ist.

Ein Kollaps der Wirtschaft steht vielleicht nicht gerade bevor, solange der Staat noch Reserven hat, aber auch diese schwinden und kommen vor allem aus dem Geschäft mit Öl und Gas. Kurz- bis mittelfristig wird es mit hoher Inflation und Konkursen in der Privatwirtschaft weitergehen. Die Lebensqualität der einfachen Russinnen und Russen wird sinken. Das nimmt der Kreml gerne in Kauf, solange er weiter Krieg führen kann.

Echo der Zeit, 21.12.24, 18 Uhr ; 

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