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Trotz oder wegen Sanktionen Russlands Wirtschaft boomt im Krieg: Wie nachhaltig ist das?

Die russische Kriegswirtschaft läuft auf Hochtouren. Wie das funktioniert und was die Problematik dabei ist.

Die russische Wirtschaft floriert: Sie läuft so gut, dass die Weltbank Russland kürzlich aufgestuft hat – zum «high income country». Die Organisation sagt, die Strategie von Russland sei erfolgreich, trotz Druck von aussen. Das ist bemerkenswert: Westliche Länder haben Russland mit diversen Sanktionen belegt, kaufen deutlich weniger fossile Energie aus Russland – und trotzdem geht es der russischen Wirtschaft nicht schlechter, sondern sogar besser.

Die Zahlen im Detail: Im Jahr 2023 erreichte das russische Bruttonationaleinkommen (BNE) pro Kopf 14'250 US-Dollar, womit Russland zum ersten Mal seit 2015 als Land mit hohem Einkommen eingestuft wurde. Das reale BNE pro Kopf wuchs um 3.6 Prozent, was zeigt, dass die makroökonomische Politik trotz des externen Drucks erfolgreich war.

Gruppe von Anzugträgern besichtigt Panzer.
Legende: Präsident Wladimir Putin besucht eine Panzerfabrik in Nischni Tagil, Russland. (15. Februar 2024) Keystone/Ramil Sitdikov/Kreml Pool Photo

Viertgrösste Volkswirtschaft: Die Konjunktur in Russland erwies sich gegenüber den Sanktionen des Westens als widerstandsfähig. Das lag der Weltbank zufolge an der hochgefahrenen Kriegswirtschaft, Subventionen und der privaten Nachfrage, die stärker ausgefallen sei als erwartet. Die jüngste Veröffentlichung von Daten des internationalen Vergleichsprogramms zeigt, dass Russland seit dem Jahr 2021 die viertgrösste Volkswirtschaft der Welt ist.

Die Gründe: Kriegskonjunkturen seien eine normale Erscheinung in militärischen Konflikten, sagt Albrecht Ritschl. Er ist Professor für Wirtschaftsgeschichte an der London School of Economics. Und: «Die Zahlen der Weltbank werden ein wenig überinterpretiert. Tatsächlich exportiert Russland viel, um den Krieg zu finanzieren. Aber das geschieht zu schlechten Preisen. Wenn man jetzt, wie die Weltbank, diese herausrechnet und nur sozusagen nach Tonnage rechnet, schaut das aus wie ein Wirtschaftswunder. Dieses Wirtschaftswunder findet grossenteils auf dem Papier statt.»

Wie die Kriegswirtschaft funktioniert: Laut Ritschl werden Arbeitskräfte von der zivilen Produktion in die rüstungsnahen Bereiche umgesetzt. «Dort werden nicht Konsumgüter oder Investitionsgüter für die Bevölkerung hergestellt, sondern militärisches Gerät, das zur Zerstörung dient.» Ausserdem würden Industrien, die mit der Rüstungsindustrie direkt konkurrieren, zurückgefahren. Heisst: Statt Autos werden jetzt beispielsweise nur noch militärische Fahrzeuge in Russland produziert.

Russland wird im Grunde so eine Art Denner oder Aldi der internationalen Rohstoffmärkte.
Autor: Albrecht Ritschl Professor für Wirtschaftsgeschichte, London School of Economics

Nachhaltig ist eine Kriegskonjunktur nicht: Den Erfolg der Wirtschaft könne man an zwei Indikatoren messen: Inflation und Staatsverschuldung. Doch für beide gibt es keine verlässlichen Zahlen, wie Rischl sagt. Denn: «Wenn die russischen Ämter eine zu hohe Inflation ausweisen, wird der oberste Kriegsherr im Kreml böse. Die Statistiker wollen schliesslich das Kriegsende überleben.»

Fazit des Experten: «Die Russen verkaufen sehr viel an internationalen Märkten, aber zu schlechten Preisen. Sie werden im Grunde so eine Art Denner oder Aldi der internationalen Rohstoffmärkte», sagt Wirtschaftsprofessor Ritschl.

Die Aussicht: Für 2024 prognostiziert die Weltbank ein Wirtschaftswachstum von 2.9 Prozent, für das kommende Jahr werden 1.4 Prozent geschätzt. Die Militärproduktion habe weiter positive Effekte, die private Nachfrage dürfte allerdings zurückgehen. Die Weltbank betont, dass vor allem Russlands Handelsbeziehungen mit China gewachsen seien.

Mitarbeit: Nicolas Malzacher

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SRF 4 News, 10.07.2024, 11:33 Uhr ; 

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