Die Überschwemmungen in Deutschland platzen mitten in den Wahlkampf rund um den Bundestag und die Merkel-Nachfolge. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Politiker können in solchen Krisen auch immer wieder über sich hinauswachsen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und auch der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet waren am Samstag in Erftstadt – der zerstörten Stadt, die der Unwetterkatastrophe in Deutschland ein Gesicht gegeben hat. SRF-Korrespondent Peter Voegeli zum Einfluss solcher Bilder auf den weiteren Verlauf des Wahlkampfs.
SRF: Wie macht sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet derzeit als Krisenmanager?
Peter Voegeli: Er macht sich auf jeden Fall besser als der Bundespräsident, aber er ist nicht der charismatischste Politiker. Er ist aber der Ministerpräsident dieses Landes, hat also die Ressourcen in der Hand. Insgesamt macht er das bis jetzt eigentlich ganz gut. Man wird natürlich sehen müssen, wie jetzt die Hilfe anläuft.
Klimawandel – das ist ja eigentlich das Kern-Dossier der Grünen. Was hört und sieht man von der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock?
Man sieht nicht viel, sie war eigentlich im Urlaub, hat diesen aber nun abgebrochen und ist ins Krisengebiet gereist. Ihr Co-Vorsitzender und Partner Robert Habeck hat seine Nordtour in Schleswig-Holstein nicht abgebrochen. Er macht dort weiter, weil er sagt, wenn Politiker kommen, gibt es auch immer grosse Sicherheitsdispositive und Probleme.
Insgesamt könnte diese Krise politisch den Grünen helfen. Denn es wird immer wieder die Frage gestellt nach dem Klimawandel.
Insgesamt aber könnte diese Krise politisch den Grünen helfen. Denn es wird immer wieder die Frage gestellt nach dem Klimawandel – das hört auch Armin Laschet öfters. Auch heute in Erftstadt wurde er darauf angesprochen, dass er ja nicht besonders aufs Gaspedal trete beim Klimaschutz, er zu wenig tue. Er versuchte damit zu kontern, dass Nordrhein-Westfalen zehn Jahre früher aus der Braunkohle aussteige als dies die rot-grüne Regierung seiner Vorgängerin gemacht hat. Den Grünen hilft es vielleicht auch, dass so von den Buch- und Plagiatsproblemen der Spitzenkandidatin abgelenkt wird.
Welchen Einfluss könnten die Unwetter auf den weiteren Verlauf des Wahlkampfs haben – insbesondere zwischen Laschet, Baerbock und SPD-Kandidat Olaf Scholz?
Unwetter können Einfluss haben. 2002 gab es ein grosses Unwetter, eine Flutkatastrophe in Ostdeutschland. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich Gummistiefel und einen grünen Regenschutz geschnappt und ist durch das Flutgebiet gestapft – während sein Konkurrent Edmund Stoiber viel später mit dem Helikopter über das Gebiet geflogen ist und schwarze Schuhe und einen Anzug trug. Das hat keinen guten Eindruck hinterlassen.
So wie es im Moment aussieht, nützt es wahrscheinlich am ehesten Armin Laschet.
Dazu kam damals der Irak-Krieg. Am Ende war es ein hauchdünner Sieg von Gerhard Schröder. Solche Bilder können also durchaus einen Einfluss haben. So wie es im Moment aussieht, nützt es wahrscheinlich am ehesten Armin Laschet.
Das Interview führte Beat Soltermann.