- Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer sind mit Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zusammengekommen.
- Vor dem Treffen mit dem ehemaligen Finanzminister hatte Merkel bei der Unionsfraktionssitzung von CDU und CSU ihre Bereitschaft zu einer Lösung des Streits mit Innenminister Seehofer und seiner Partei betont.
Wie kommt die Union aus der Krise? Eine Lösung könnte vielleicht ein klärendes Gespräch beim Parlamentspräsidenten Wolfgang Schäuble bringen. Der ehemalige Finanzminister hat Merkel und Seehofer zu einem Gespräch in sein Büro zitiert.
Der Streit in der Asylpolitik soll beigelegt werden, daran lassen die Exponenten beider Parteien keine Zweifel offen – Ausnahme Horst Seehofer.
Die Schicksalsgemeinschaft von CDU und CSU sei jede Mühe wert, betonte Kanzlerin Merkel bei der Unionsfraktionssitzung von CDU und der Schwesterpartei CSU. Es müsse nun die Frage geklärt werden, wie Nationales und Europäisches zusammengebracht werden könne.
Während um ein Kompromiss gerungen wird, gibt sich Innenminister Seehofer weiter kämpferisch: «Die Person, der ich in den Sattel verholfen habe, wirft mich raus», sagte er der «Süddeutschen Zeitung».
Söder warnt vor Bruch mit CDU
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte die Kompromissbereitschaft seiner Partei. «Wir sind zu Kompromissen bereit, das muss man ja auch sein in der Politik», sagte er am Rande eines Termins in Passau.
Er warnte zudem vor einem Bruch der Unionsfraktion. «Die Stabilität der Regierung steht für uns nicht infrage, auch ein Aufkündigen einer Fraktionsgemeinschaft ist nicht der richtige Weg. Man kann in einer Regierung viel erreichen, aber nicht ausserhalb», sagte er weiter. Ein Austritt aus der deutschen Regierung würde die CSU schwächen.
SPD fordert Gipfeltreffen
Angesichts der Zuspitzung des Streits zwischen CDU und CSU fordert die SPD, die mit der CDU/CSU eine Koalitionsregierung bildet, einen Koalitionsgipfel bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU). «Die Zukunft der Regierung wird da besprochen», sagte SPD-Chefin Andrea Nahles nach einer Sitzung des Vorstands in Berlin.
Es gebe keinen Automatismus, dass die SPD einen Kompromiss im Asylstreit zwischen CDU und CSU mittrage, so Nahles weiter. «Die Union führt ein rücksichtsloses Drama auf». Gerade die CSU sei auf einem beispiellosen Ego-Trip. «So geht es nicht weiter.» Noch stehe die SPD aber zu der grossen Koalition.
CDU steht hinter Merkel
Auslöser des Streits zwischen den beiden Schwesterparteien waren Seehofers Ankündigung, im Alleingang Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückzuweisen, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Merkel lehnt jedoch einseitige Aktionen Deutschlands ab und pocht auf ein europäisch abgestimmtes Vorgehen. Am vergangenen EU-Gipfel hatte die unter Druck geratene Kanzlerin eine Verschärfung der EU-Asylpolitik erreicht.
Seehofer lehnt die EU-Beschlüsse jedoch als nicht ausreichend ab. Bei internen Beratungen der CSU hatte er daher am Sonntag seinen Rücktritt als Innenminister und Parteivorsitzender angekündigt, nach Beratungen der engsten CSU-Führung aber später erklärt, seine Entscheidung von einem Einlenken der CDU abhängig zu machen. Klarheit über das politische Schicksal Seehofers gab es danach nicht.
Die CDU hatte am späten Sonntagabend in einem bei einer Enthaltung angenommenen Beschluss die Unterstützung für den Kurs Merkels betont. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte bei der Vorstellung des Beschlusses gesagt: «Einseitige Zurückweisungen wären unserer Ansicht nach das falsche Signal an unsere europäischen Gesprächspartner.»
Seehofer-Kompromiss abgelehnt
An der Sitzung der gemeinsamen Unionsfraktion am Nachmittag dürfte Merkel die Abgeordneten über den letzten Stand im Streit mit Seehofer informieren. Beide Seiten haben wiederholt betont, dass sie an der seit fast 70 Jahren bestehenden Fraktionsgemeinschaft festhalten wollen.
Mit Spannung wird erwartet, ob auch Seehofer zu den Bundestagsabgeordneten kommt – und ob eine Abstimmung über den Migrationskurs Merkels beantragt wird. Laut der Nachrichtenagentur AFP treffen sich Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer um 17 Uhr im Konrad-Adenauer-Haus.
Nach Angaben aus CSU-Kreisen hatte Seehofer am Samstag ein Kompromissangebot gemacht, das Merkel aber abgelehnt hatte. Demnach schlug er unter anderem vor, nicht alle Migranten zurückzuweisen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind, sondern nur solche, bei denen das Asylverfahren bereits läuft.