- Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel präsentiert eine Reihe von Massnahmen für einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik.
- Asylbewerber, die bereits in anderen EU-Ländern registriert wurden, sollen demnach künftig in den geplanten, speziellen «Ankerzentren» untergebracht werden.
- Am Sonntag kommen die Spitzengremien von CDU und CSU zu getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Die betreffenden Flüchtlinge sollen in den Zentren ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen und einer erweiterten «Residenzpflicht» unterliegen – die Betroffenen sollen also Auflagen bekommen, die verhindern sollen, dass sie sich aus den Einrichtungen entfernen. Zudem soll eine Verteilung auf die Kommunen ausgeschlossen werden.
Laut Informationen der Nachrichtenagentur DPA beauftragte Bundesinnenminister Seehofer Experten seines Ministeriums damit, die von Merkel vorgestellten Massnahmen zu prüfen. Demnach will sich Seehofer im Laufe des Tages nicht öffentlich zu den Vorschlägen und dem weiteren Vorgehen in dem Streit mit Merkel äussern.
Situation an den Grenzen entschärfen
Mit Griechenland und Spanien hat Merkel weitergehende Rückübernahmevereinbarungen getroffen. Die beiden Länder haben sich bereiterklärt, Flüchtlinge wieder aufzunehmen, die dort registriert sind, dann aber an der deutschen Grenze aufgegriffen werden. Dafür kündigte Merkel in dem Schreiben die Einrichtung «grenznaher Rückkehrmechanismen» an.
In dem Schreiben präsentiert Merkel ihre Ergebnisse vom EU-Gipfel in Brüssel und den parallel von ihr geführten weiteren bilateralen Verhandlungen mit einzelnen EU-Ländern. Damit will sie offenbar den Streit mit Seehofer und der CSU über umfassende Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen lösen oder zumindest entschärfen. Seehofer hatte damit gedroht, notfalls im Alleingang Flüchtlinge zurückzuweisen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind.
Zahlreiche Zusagen zur beschleunigten Rückführung
Merkel lehnt ein unilaterales Vorgehen aber weiterhin ab, wie sie in dem Schreiben noch einmal betont – und schlägt stattdessen nun die Unterbringung der betreffenden Flüchtlinge in den Ankerzentren vor. Dieses Verfahren will Merkel bei allen Flüchtlingen anwenden, die nicht in Griechenland und Spanien registriert sind und die ungeachtet der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ins Land kommen. Bislang werden nur drei grosse Grenzübergänge kontrolliert.
Merkel soll bei ihren Verhandlungen zur besseren Steuerung der Migration von 14 Ländern Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern erhalten haben. Unter den Ländern, von denen es Zusagen auf politischer Ebene gibt, entsprechende Abkommen abzuschliessen, sind auch Länder wie Ungarn, Polen und Tschechien, die bisher als die schärfsten Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik galten. Nicht auf der Liste stehen aber weiterhin Italien und Österreich.