Das Wichtigste in Kürze
- Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich heute in Brüssel zu ihrem Gipfel. Das Hauptthema: die Migrationskrise.
- Dabei steht nicht nur die deutsche Kanzlerin Angela Merkel unter dem Druck, Resultate mit nach Hause bringen zu müssen.
- Auch sonst geht es um viel – das ist mindestens die Rhetorik.
Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, spricht in seinem Einladungsschreiben Klartext. Es sei die Aufgabe der Politik, das eigene Gebiet und die Grenzen zu schützen. Doch in und ausserhalb Europas gebe es Stimmen, welche die EU und die liberalen Demokratien für unfähig hielten, die eigenen Grenzen zu sichern.
Tusk macht im Schreiben deutlich, dass er die Migrationskrise als einen Wegbereiter für autoritäre politische Strömungen sieht. Immer mehr Menschen seien überzeugt, dass nur autoritäre, antieuropäische und illiberale Regime fähig seien, die Einwanderungswelle zu stoppen – das schreibt der Präsident des Europäischen Rates. Tusk selbst fordert bereits seit Langem, die EU-Aussengrenzen dicht zu machen, und hält fest: «Es steht viel auf dem Spiel und es bleibt nur wenig Zeit.»
Abschottungspolitik ist unterdessen Konsens
Für Tusk geht es jetzt darum, die zentrale Mittelmeerroute zu schliessen. Er selber hat denn auch die Idee ins Spiel gebracht, dass auf dem Mittelmeer gerettete Menschen nicht mehr nach Europa gebracht werden, sondern zurück nach Afrika in sogenannte «disembarkation platforms».
Tusk erhofft sich vom heutigen Gipfel, dass die Staats- und Regierungschefs grünes Licht geben, um hier vorwärts zu machen. Dieses OK dürfte er bekommen, denn: Die Abschottungspolitik ist unterdessen Konsens.
Es steht viel auf dem Spiel und es bleibt nur wenig Zeit.
Dies auch noch aus einem zweiten Grund, wie ein hochrangiger Diplomat ausführte. Brüssel befürchtet, dass Italien tatsächlich die Häfen für alle Schiffe mit geretteten Menschen schliessen wird. Das würde die Situation auf dem Mittelmeer dramatisch verschärfen.
Um dem zuvor zu kommen, soll nun alles unternommen werden, damit gar keine Menschen mehr nach Italien kommen. Damit würden auch weniger Menschen Deutschland erreichen – was am Schluss auch der unter Druck geratenen deutschen Kanzlerin Angela Merkel helfen würde.
Aber für Tusk geht es um mehr: Es geht um die Existenz der Europäischen Union, wie er insinuiert. Und das, obwohl bereits jetzt die Migrationszahlen im Vergleich zu den Vorjahren stark zurück gegangen sind.