Als König Charles III. in der Westminster Abbey die Edwardskrone aufgesetzt wurde, hat das Vereinigte Königreich alle Register der zeremoniellen Prachtentfaltung gezogen. Die monumentale Choreografie sollte Kontinuität markieren und die festgelegte Ordnung stabilisieren, bevor sie allenfalls infrage gestellt wird.
Tausende Menschen haben in London die Strassen gesäumt, als der frisch gekrönte König mit seiner Gemahlin in der goldenen Staatskutsche durch die Stadt gefahren wurde. 11'000 Polizisten und Polizistinnen haben dabei für Ruhe und Ordnung gesorgt. Die Anführer der Republikanerinnen und Republikaner wurden bereits am Morgen verhaftet und in Handschellen abgeführt.
König muss Volk von Relevanz der Monarchie überzeugen
Eine solche Aktion wäre 1953 undenkbar gewesen, als Queen Elizabeth II. gekrönt wurde. Die Monarchie war damals völlig unbestritten. Mittlerweile erachten jedoch nur noch knapp 60 Prozent der Britinnen und Briten die Monarchie als wichtig.
Gerade für die jüngere Generation ist die Vererbung von Titeln, Macht und Privilegien ein Verstoss gegen das demokratische Prinzip, dass alle Menschen gleich sind. Die Ungleichheit manifestiert sich aber ausgerechnet nirgendwo so deutlich wie in einer Krönungszeremonie, wenn ein gewöhnliches Haupt mit ungewöhnlich viel Aufwand gesalbt und gekrönt wird.
Dem 74-jährigen König steht deshalb in seiner kurzen Regentschaft viel Arbeit bevor. Er muss die jungen Britinnen und Briten von der Relevanz der Monarchie überzeugen, aber ebenso sein Königreich zusammenhalten. Sowohl Schottland wie Nordirland drängen in die Unabhängigkeit.
Unsicher ist auch, wie lange Commonwealth-Staaten wie Australien, Kanada oder Jamaika noch Banknoten mit dem Porträt des Monarchen drucken werden. Gerade in der Karibik sind immer weniger Leute bereit, einen britischen Monarchen zu akzeptieren und höflich am Strassenrand zu winken, wenn er in einer weissen Uniform zu Besuch kommt.
Für Anti-Monarchisten verblasst Magie der Monarchie
Im Vereinigten Königreich hielten sich die Anti-Monarchisten unmittelbar nach dem Tod der Queen pietätvoll zurück. Von dieser Zurückhaltung ist mittlerweile nichts mehr zu spüren. Für Republikanerinnen und Republikaner besteht die Magie der Monarchie in erster Linie darin, dass es sie überhaupt noch gibt. Bis der Buckingham-Palast jedoch als Museum oder Hallenbad genutzt wird, wird wohl noch einige Zeit vergehen.
Der König sei sich der Notwendigkeit von Veränderungen jedoch durchaus bewusst, ist von Höflingen zu hören. Erste Reformen hat der neue Monarch denn auch bereits eingeleitet. Das Königshaus soll «überschaubarer, preiswerter und inklusiver» werden.
Charles III. wolle in die Zukunft blicken und gleichzeitig in langjährigen Traditionen verwurzelt bleiben, ist zu lesen. Dieser Ansatz erinnert an den Satz des «Prinzen» in Giusepe Tomasi di Lampedusas Roman «Der Leopard». Dieser sagte: «Wenn wir wollen, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind, müssen wir sie verändern.»