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Susa - Ein Tunnel spaltet Italiens Gesellschaft
Aus Rendez-vous vom 19.06.2019. Bild: SRF. Franco Battel.
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Lärm versus Jobs Der Tunnel, der Italien spaltet

Frankreich baut schon am Tunnel zwischen Lyon und Turin. Italiens Regierung wie auch die lokale Bevölkerung sind aber uneins.

Turin hat in den letzten Monaten diverse Demonstrationen für und gegen den Tunnel erlebt. Dabei geht es nicht nur um dieses Bauprojekt. Denn der geplante Tunnel steht längst für mehr. Er steht auch für das Malaise in der Gesellschaft. Ein Beispiel dafür ist Monica, eine Tunnel-Gegnerin aus Turin.

«Ich habe keine Arbeit, obwohl ich bestens ausgebildet bin», klagt die 40-Jährige. Sie schwenkt eine Fahne mit der Aufschrift «No Tav», kein Hochgeschwindigkeitszug. Das Projekt sei viel zu teuer und löse keines ihrer Probleme. Die meisten Gegner wollen die Milliarden, die der Bau kosten würde, für anderes ausgeben: für mehr Stellen in der Bildung und in Spitälern sowie bessere Busverbindungen in das Aussenquartier, in dem Monica wohnt.

Tunnel als Beitrag zum Umweltschutz

Daneben gibt es auch Argumente, die direkt gegen den Tunnel, etwa gegen die geplante Linienführung gerichtet sind. Aber auch die Befürworter des Tunnels gehen regelmässig auf die Strasse. Zum Beispiel Adelina. Sie will mehr Bahn und weniger Autos: «Wir brauchen den Basistunnel, weil wir die Güter nur so auf die Schiene bringen.» Der Tunnel sei somit ein wichtiger Beitrag an den Umweltschutz. Zudem schaffe er tausende Arbeitsplätze.

«No Tav»-Fahne an einer Demo gegen den Tunnel
Legende: Eine «No Tav»-Fahne an einer Demo gegen den Tunnel: Tav steht für «Treno ad Alta Velocità». SRF

Am Mont Cenis, an der Grenze zwischen Italien und Frankreich, gibt es seit 150 Jahren eine Bahnlinie. Sie schlängelt sich von Turin durchs Susatal hinüber nach Frankreich. Nur hat diese Strecke ihren Scheitelpunkt auf über 1300 Metern. Sie ist zu steil für schwere Güterzüge und der Tunnel ist für die ganz grossen Container zu eng. Darum werden heute 88 Prozent der Güter zwischen Italien und Frankreich auf der Strasse transportiert.

Zum Vergleich: zwischen Italien und der Schweiz ist es lediglich ein Drittel.

Kein Vertrauen in den italienischen Staat

Paris und Rom begannen deshalb damit, einen Basistunnel für die Bahn zu planen. Doch im Susatal, auf italienischer Seite, formierte sich heftiger Widerstand. Giorgio Brezzo, einer von fünf Journalisten bei «La Valsusa», der Lokalzeitung des Susatals, schreibt seit Jahren über das Projekt. Er sagt: «Es gibt hier viel Widerstand, weil die Leute das Vertrauen verloren haben.»

Die fehlende Arbeit ist das wahre Problem unserer Gegend.
Autor: Giorgio Brezzo Lokaljournalist

Denn der Staat habe Versprechen, die er gegeben habe, nicht eingehalten. In den 1980er Jahren sollte der Bau der Autobahn im Tal viele Stellen bringen. «Doch die Baustelle brachte damals vor allem Staub und Lärm», sagt Brezzo, und fügt an: «Die fehlende Arbeit ist das wahre Problem unserer Gegend.» Einzig der Tourismus habe in den letzten Jahren neue Stellen geschaffen.

Kirchtum von Susa
Legende: Im beschaulichen Dörfchen Susa, das vor allem vom Tourismus lebt, hält man nicht viel von dem Bau des Tunnels. Die Grossbaustelle würde zwar Jobs bringen, aber auch Gäste abschrecken. SRF

Doch die Gäste könnten ausbleiben, sollte die Baustelle mit ihrem Lärm das Tal während Jahren belasten. Der Journalist kommt auch auf etwas anderes zu sprechen: Allzu lange hätten die Regierung in Rom und die Turiner Regionalverwaltung über die Köpfe der Talbewohner hinweg Entscheide getroffen. «Es stimmt, wir sind nur Bergler, aber wir sind gut informierte Bergler. Die Leute haben ihren Stolz, sie wollen ernst genommen werden.»

Fünf Sterne gegen, Lega für das Projekt

Die Situation ist verfahren. Denn 57 Kilometer entfernt, auf der französischen Seite, wird bereits am Tunnel gebaut. Auf italienischer Seite aber bleibt das Projekt blockiert. Denn auch die Regierung ist gespalten. Die Cinque Stelle haben sich vor Jahren schon mit den Tunnelgegnern verbündet, während die Lega den Bau unbedingt will, vor allem wegen der Arbeitsplätze.

Eine Einigung ist nicht in Sicht.

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