Es ist ein Desaster für die CDU. Im traditionell tiefschwarzen Südwesten des Landes hat sie nicht mehr viel zu melden. Das Ziel, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zurückzuerobern, wurde verfehlt – gründlich verfehlt. Im Ländle könnte sie sogar aus der Regierung fliegen und hängt jetzt von der Gunst der Grünen ab.
Das Comeback ist vorbei
Das alles kommt nicht ganz überraschend. Erst gut ein Jahr ist es her, da schien die CDU im freien Fall. Sie verlor in Umfragen dramatisch, befand sich in der grössten Krise ihrer Geschichte, wie es aus den eigenen Reihen hiess, und drohte den Rang als stärkste Partei Deutschlands an die Grünen zu verlieren. Eine Zeitenwende schien bevorzustehen.
Und dann kam Corona.
Die Mehrheit der Deutschen war heilfroh, mit Angela Merkel eine nüchterne Wissenschaftlerin als Krisenmanagerin im Kanzleramt zu wissen. Ihre Zustimmungswerte erinnerten an die gute, alte Zeit, und ihre Partei profitierte mit. Vergessen waren interne Konflikte und mangelnde Zukunftsfähigkeit, die CDU erlebte ein Comeback, auf das wenige gehofft und kaum einer gewettet hätte.
Sie ist wieder da, die alte CDU
Nun ist sie also wieder da, die alte CDU. Kurz vor den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg flog auf, dass sich mehrere Unionspolitiker dank ihres Amtes persönlich bereichert hatten. Die sogenannte «Masken-Affäre» sorgte für Schlagzeilen und warf die alte Frage auf, ob die Konservativen ein strukturelles Problem mit Korruption hätten.
Auch auf Regierungsebene hat sich das Bild eingetrübt. Keines der unionsgeführten Ministerien glänzte in der Coronakrise, im Gegenteil. Und so überrascht es nicht, dass weder die Rheinland-Pfälzerinnen noch die Baden-Württemberger den Schwarzen eine Politik zutrauen, die den Problemen dieser Zeit gerecht würde.
Der Union fehlt das Zugpferd
Zugegeben: In beiden Bundesländern hatte die CDU einen schweren Stand gegen populäre Amtsinhaber. Doch dass diese die CDU nach Jahrzehnten an der Macht überhaupt hatten ablösen können, macht deutlich: Ausserhalb Berlins nimmt die Zeitenwende ihren Lauf. Und der CDU fehlt eine passende Antwort.
Noch gut sechs Monate, dann wird die Ära Merkel definitiv vorbei sein. Ihre Partei ist denkbar schlecht auf die Zeit danach vorbereitet. Der neue Partei-Chef Armin Laschet startet nach diesem Wahlsonntag mit wenig Rückenwind – der Union fehlt das Zugpferd für den anstehenden Bundestagswahlkampf.
Die Uhr tickt für die CDU
Was die Union retten wird, ist die Schwäche ihrer Gegner. Die SPD hat sich mit Olaf Scholz für einen Technokraten als Kanzlerkandidaten entschieden, der die Sozialdemokraten kaum aus dem Umfragetief katapultieren wird. Und den Grünen fehlt auf Bundesebene eine Figur wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der auch für Konservative wählbar ist. Ganz zu schweigen von der AfD, die sich mit internen Grabenkämpfen selbst demontiert und im Verdacht steht, rechtsextrem zu sein.
Und so könnte es im Herbst doch auf einen CDU-Kanzler und ein Schwarz-Grünes Bündnis hinauslaufen – das erste in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch die Uhr tickt für die CDU.