Vor 39’000 Jahren hat ein Supervulkan weite Teile Mittelitaliens verwüstet. Zum letzten Mal ausgebrochen ist er im 16. Jahrhundert. Nun brodelt dieser Supervulkan wieder in den Phlegräischen Feldern westlich der italienischen Grossstadt Neapel.
In der Nacht auf Donnerstag hat sich der Supervulkan wieder einmal bemerkbar gemacht: Mit einer Stärke von 4.4 auf der Richterskala bebte die Erde westlich von Neapel wie schon lange nicht mehr. Was bei vielen Leuten Ängste vor dem ganz grossen Beben ausgelöst hat.
«Es waren die 20 schlimmsten Sekunden unseres Lebens», sagt eine Bewohnerin von Bagnoli westlich von Neapel, gegenüber dem Radio der Rai. Alles habe gezittert, alles sei umgefallen. Andere Bewohner zeigten in ihren Wohnungen Risse an den Wänden, die mehrere Zentimeter breit sind. Im Fernsehen waren Bilder von verbeulten Autos zu sehen, weil von Dächern und Fassaden Ziegel oder Verputz abgefallen und in die Tiefe gestürzt waren.
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Bild 1 von 3. Eine Mann zeigt die Schäden in seiner Wohnung nach dem Erdbeben in Bagnoli, am Stadtrand von Neapel. (13. März 2025). Bildquelle: Keystone/ CESARE ABBATE.
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Bild 2 von 3. Durch das Erdbeben wurden auch Autos von herabfallenden Ziegeln oder Verputz beschädigt, wie hier in Bagnoli. (13.März 2025). Bildquelle: Keystone/CIRO FUSCO.
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Bild 3 von 3. Viele Bewohnerinnen und Bewohner suchten in der Nacht Schutz im Freien. (13.März 2025). Bildquelle: Keystone/ Alessandro Garofalo.
«Die Erdstösse dauerten lange, sie waren nicht einfach fertig», sagt ein anderer Bewohner der Erdbebenzone. «Für uns ist es das Ende. So kann man doch nicht weiterleben.»
Leben auf unsicherem Grund
Tatsächlich nehmen die Beben westlich von Neapel an Intensität und auch an Häufigkeit zu. Im Januar zählte man in der Region noch 319 Erdstösse, im Februar waren es bereits 1813. Der gestrige Stoss, mit einer Stärke von 4.4, war der stärkste seit Jahrzehnten. In den westlichen Vororten Neapels, in Pozzuoli und Bagnoli hebt sich die Erde wegen des Vulkans im Untergrund in der Regel um einen Zentimeter monatlich. Derzeit aber sind es ganze drei Zentimeter.
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Bild 1 von 3. Die Phlegräischen Feldern liegen westlich von Neapel. Bildquelle: IMAGO / NurPhoto.
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Bild 2 von 3. Dampfwolken steigen in den Phlegräischen Feldern hoch. Bildquelle: IMAGO / NurPhoto.
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Bild 3 von 3. Was aussieht wie ein Hügel, ist in Wirklichkeit ein Vulkankegel am westlichen Ende der Phlegräischen Felder. Trotz der Gefahr wurde das Gebiet dicht besiedelt. Bildquelle: IMAGO / imagebroker.
Die Erdbebenzone nennt man Campi Flegrei. Übersetzt heisst das brennende Felder, weil dort heisses Wasser austritt und es seit jeher nach Schwefel riecht. Der Grund: Vor 600 Jahren brach dort ein Vulkan aus. Ruhig ist es seither nie geworden, und obschon alle von der Gefahr wussten, hat man die Gegend vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg dicht besiedelt, oftmals ohne Baubewilligung, also illegal.
Viele wollen weg, doch niemand will ihre Häuser kaufen
Die Hügel dieser Gegend sind ausnahmslos alte Vulkankrater. Man hat sie mit Häusern überzogen. Nun fragen sich alle: Muss man diese Gegend mit ihrer halben Million Bewohnerinnen und Bewohnern evakuieren? Nein, sagt der zuständige Minister Nello Musumechi in Rom. Es gebe derzeit keine Zeichen für eine unmittelbar bevorstehende Eruption.
Die Regierung stellt insgesamt 600 Millionen Euro zur Verfügung, um bestehende Gebäude erdbebenfester zu machen. Doch viele Leute haben Angst und wollen weg. Für immer. Doch keiner will ihre Häuser kaufen.