Lebenslänglich. Beate Zschäpe wird nicht mehr mitmorden. Die vier Mitangeklagten haben hohe Strafen für Beihilfe und Unterstützung bekommen.
Auf dieses Urteil hat Deutschland gewartet. Auf dieses Urteil hat die deutsch-türkische Gemeinde gewartet. Und alle, die einmal als Fremde in dieses Land gekommen sind. 5 Jahre lang. 437 Verhandlungstage. So lange wie in keinem anderen Strafprozess in der Nachkriegszeit.
Als Mittäterin überführt
Zschäpe war nie an einem der zehn Tatorte, wo Menschen mit Migrationshintergrund kaltblütig erschossen wurden. Und dennoch konnte die Justiz nachweisen, dass sie sehr wohl mitgehandelt hat. Dass sie genau wusste, dass ihre Mitbewohner Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos durchs Land ziehen und Menschen mit Migrationshintergrund ermorden. Dass sie diese NSU-Zelle mitgegründet hat. Dass sie eine rechtsextreme Mittäterin ist.
Dafür hat das Gericht die gesamten Lebensumstände der Täter und Zschäpes nochmals äusserst aufwändig nachzeichnen lassen, 594 Zeugen befragt und die Öffentlichkeit lange warten lassen. Die Dauer hat sich gelohnt. Die deutsche Justiz hat den Beweis erbracht, dass der Rechtsstaat funktioniert. Und dass sich alle Menschen, die in Deutschland leben, auf die Rechtsstaatlichkeit verlassen können.
Die Verunsicherung bleibt
Dennoch bleiben offene und vor allem quälende Fragen für die Angehörigen der Mordopfer. Warum wurden ihre Liebsten ausgewählt? Es gab klare Mordpläne und genau geplante zeitliche Abläufe. Konnte das diese kleine Terrorzelle der NSU alleine bewerkstelligen, oder gab es doch noch viel mehr Helfer? Gab es ein ganzes, grosses Terrornetzwerk, das bis heute nicht aufgedeckt ist? Das löst bei Hinterbliebenen Verunsicherung und ganz konkrete Ängste aus.
Und es bleibt die Frage, warum die Polizei vorwiegend zuerst im Umfeld der Opfer ermittelte und nicht in der rechtsextremen Szene. Damit hätten vielleicht einige der zehn Morde verhindert werden können.
Ein wenig Gerechtigkeit
Die NSU-Morde und der Prozess haben Deutschland bewegt, die Menschen betroffen gemacht und aufgewühlt. Das Land fühlt sich zurückerinnert an seine dunkelsten Zeiten. Und das Land fragt sich wie es trotz institutionalisierter Erinnerungskultur in allen Bereichen des Lebens geschehen konnte, dass Menschen wieder mit denselben Motiven morden, wie es die Nazis getan hatten. Mit nationalsozialistisch geprägtem Hass auf Fremde.
Heute ist ein Tag, an dem die Angehörigen in ihrem Leid ein wenig Gerechtigkeit zurückerhalten. Deshalb ist es ein guter Tag. Und es ist ein Tag an dem sich Deutschland hinterfragt, ob es nicht doch zu wenig getan hat gegen das Vergessen der braunen Vergangenheit. Deshalb ist dieses Urteil so wichtig.