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Lösung für Ukraine-Krieg? Trumps Plan heisst: America first, Russia second, Ukraine third

US-Präsident Trump hat mit dem russischen Präsidenten Putin über eine Lösung des Ukraine-Konflikts gesprochen. Welche Rolle die Ukraine in Trumps Friedensinitiative spielt, weiss Ukraine-Korrespondent David Nauer.

David Nauer

Ukraine- und Russland-Korrespondent

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David Nauer ist Ukraine- und Russland-Korrespondent bei SRF TV. Von 2016 bis 2021 war er als Radio-Korrespondent in Russland tätig. Zuvor war er Russland-Korrespondent des «Tages-Anzeigers». Nauer reist seit Beginn des russischen Angriffskriegs regelmässig in die Ukraine.

Hier finden Sie weitere Artikel von David Nauer und Informationen zu seiner Person.

Was bedeutet Trumps Friedensinitiative für die Ukraine?

Trumps Strategie ist eine Gefahr für die Ukraine. Denn offenbar will Trump direkt mit Putin über ein Ende des Krieges verhandeln. Ob die Ukraine bei diesen Gesprächen überhaupt dabei sein wird, ist unklar. Im schlimmsten Fall muss die Regierung von Präsident Wolodimir Selenski am Ende einfach das Resultat schlucken, das die Grossmächte ausgehandelt haben. Und dieses Resultat dürfte weit von dem entfernt sein, was man als «gerechten Frieden» bezeichnen könnte.

Wie reagieren die Menschen in der Ukraine auf Trumps Plan?

Viele Menschen in der Ukraine sind zermürbt; die Friedhöfe sind voll mit Gräbern gefallener Soldaten. Deswegen gibt es eine grosse Sehnsucht nach einem Ende des Krieges. «Trump tut wenigstens was», sagte mir ein Freund aus Kiew. Andere aber sind sehr viel kritischer. «Wir sind am Ende», schrieb mir jemand. Es gibt das Gefühl, dass die USA die Ukraine verraten.

Welche Kompromisse müsste die Ukraine eingehen?

Sehr schmerzhafte Kompromisse. Sie müsste wohl nicht nur grössere Gebiete an Russland abtreten. Sie würde wohl auch kaum belastbare Sicherheitsgarantien bekommen. Einen Nato-Beitritt etwa wird es für das Land nicht geben, solange Trump in Washington regiert. Die anderen von Trumps Leuten ins Spiel gebrachten Sicherheitsgarantien sind nebulös. Eine internationale Friedenstruppe vorwiegend aus europäischen Ländern soll die 1000 Kilometer lange Frontlinie bewachen. Diese Idee ist unrealistisch, denn die Europäer sind militärisch zu schwach, um Russland glaubwürdig abzuschrecken. 

Welche Rolle spielt die Ukraine im Plan?

Die Ukraine selbst wird wohl nach einem solchen Trump-Putin-Frieden in eine unsichere Zukunft blicken. Das Land müsste sehr schmerzhafte Kompromisse machen und es wäre selbst nach einem allfälligen Ende des Krieges nur unzureichend geschützt vor Russlands imperialen Ambitionen, vor neuen russischen Angriffen. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Kreml diese Ambitionen aufgibt. Putin hat mehrfach klargemacht, dass er die Ukraine faktisch unterwerfen will. «Demilitarisierung» und «Denazifizierung» heisst das im Kreml-Sprech. Gemeint ist: Die Ukraine soll militärisch geschwächt und politisch gefügig gemacht werden.

Zwei Männer gehen nebeneinander einen hellen Gang entlang.
Legende: Donald Trump und Wolodimir Selenski bei einem Treffen im Trump Tower im September 2024. REUTERS/Shannon Stapleton

Trumps Strategie könnte dazu führen, dass die Russen genau das bekommen, was sie wollen, eben: eine geschwächte Ukraine. Der US-Präsident dürfte sich zwar – falls er tatsächlich einen Waffenstillstand erreicht – als grosser Friedensstifter inszenieren. Der andere Sieger aber hiesse Putin. Die Ukraine wäre die Verliererin. Oder anders gesagt, Trumps Plan scheint so zu lauten: America first, Russia second, Ukraine third.

Tagesschau, 13.02.2025, 12:45 Uhr ; 

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