Das Wichtigste in Kürze
- Nach einer Krisensitzung der rumänischen Sozialdemokraten hat ihr Premierminister Mihai Tudose den Rücktritt erklärt.
- Er verlor damit den Machtkampf gegen Parteichef Liviu Dragnea.
- Derzeit ist offen, ob Präsident Klaus Iohannis Tudoses Rücktritt annimmt.
Selten sah eine so starke Partei so schwach aus. «Wir sind alle mit den Nerven am Ende», sagte ein Mitglied des Exekutivkomitees der Sozialdemokraten vor der Krisensitzung gestern. «Ich habe seit 48 Stunden nicht mehr geschlafen», meinte ein anderes. Die Regierungspartei, die bei den Wahlen vor gut einem Jahr das beste Resultat ihrer Geschichte erzielte, wirkt seit Wochen aufgelöst und zerstritten. Nach der Sitzung erklärte der sozialdemokratische Premierminister seinen Rücktritt.
Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen Premier Mihai Tudose und Parteichef Liviu Dragnea. Dieser will die Regierung kontrollieren, kann aber wegen einer Vorstrafe nicht selber Premier werden.
Marionetten des Parteichefs
Parteiintern konnte sich Dragnea gestern noch einmal durchsetzen. Es gelang ihm, die wichtigen Leute hinter sich zu scharen. Doch er und seine Partei wirken zunehmend lächerlich. Denn mit Tudose sägt Dragnea schon den zweiten Premierminister seiner eigenen Partei ab. «Ich habe zweimal eine schlechte Wahl getroffen», sagte Dragnea gestern dazu, und er werde diesen Fehler nicht noch einmal machen.
Ich habe zweimal eine schlechte Wahl getroffen, werde aber diesen Fehler nicht noch einmal machen.
Die beiden von ihm ernannten wie abgesetzten Premierminister galten als seine Marionetten, wurden ihm im Amt dann aber wohl zu selbstständig und unterstützten die Bemühungen zu wenig, die korrupte Politiker vor der Justiz schützen könnten. Parteichef Dragnea steht unter Korruptionsverdacht. Ihm drohen Prozesse und Gefängnis.
Instabile Verhältnisse
Offen ist, ob Staatspräsident Klaus Iohannis den Rücktritt Tudoses annimmt und ob er den Sozialdemokraten allenfalls auch noch einen dritten Auftrag erteilen wird, eine Regierung zu bilden. Schon im Oktober äusserte der Präsident Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Sozialdemokraten.
Solche Zweifel sind seit gestern noch einmal gewachsen. In einem Jahr stürzen zwei Regierungen, beide zu Fall gebracht von der eigenen Partei. Stabile Verhältnisse sehen anders aus. «Wir sind ein Land, kein Experiment», skandierten Protestierende gestern vor dem Sitz der rumänischen Sozialdemokraten. Für das Wochenende sind Demonstrationen angesagt.