Donald Trumps eigenwillige Prophylaxe. Seit etwa eineinhalb Wochen nehme er prophylaktisch das als Malaria-, Arthritis- und Lupus-Medikament zugelassene Hydroxychloroquin ein, sagte Donald Trump am Montagabend. Bereits seit Monaten wirbt Trump immer wieder für das angebliche «Geschenk Gottes», das zu «einem der grössten Durchbrüche der Medizingeschichte» werden könne.
Kein erwiesener Nutzen, aber potenziell beträchtliche Gefahren. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es bisher keine belastbaren Belege für eine Wirksamkeit von Hydroxychloroquin im Zusammenhang mit Corona. Eine Studie mit fast 1500 Personen in New York zeigte bezüglich Sterblichkeit keinen Unterschied zwischen den mit dem Medikament behandelten Covid-19-Patienten und der Vergleichsgruppe. Die US-Arzneimittelbehörde warnte Ende April gar vor einem erhöhten Risiko für lebensgefährliche Herzrhythmus-Störungen bei der Einnahme von Hydroxychloroquin allein oder in Kombination mit einem Antibiotikum.
Die Argumentation des US-Präsidenten. Nach Diskussionen mit seinem Leibarzt sei der Präsident zum Schluss gekommen, dass die Vorteile einer Behandlung die Risiken überwögen, heisst es in einem Schreiben des Weissen Hauses. Er sei bezüglich des Nutzens «sehr guter Dinge», sagt Trump selbst. Auf Nachfrage nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Nutzen behauptete Trump, er habe dazu «viele Anrufe bekommen», und viele Ärzte und Krankenschwestern nähmen Hydroxychloroquin ebenfalls vorsorglich ein.
Gefährliches Vorbild. Aussagen des Präsidenten in medizinischen Belangen haben Gewicht. Nach dessen anhaltendem Werben für den Wirkstoff Chloroquin stieg die Zahl der Verschreibungen in den USA trotz Warnungen von Experten laut einer New-York-Times-Analyse Ende April um das 46-fache. Google-Suchen nach Kaufmöglichkeiten gingen durch die Decke. Die Arzneimittelbehörde sah sich gezwungen, vor Verwechslungen mit dem für Aquarienfische eingesetzten Chloroquinphosphat zu warnen. Selbst Trumps absurde Spekulationen über die Wirksamkeit von gespritzten Bleich- oder Desinfektionsmitteln fanden derart Gehör, dass Hersteller drastische Warnungen aussprechen mussten.
Die Hoffnungen der Wissenschaft. Eine nachweislich effektive Behandlung gegen das Coronavirus gibt es nach wie vor nicht. Bezüglich eines möglichen Nutzens von Hydroxychloroquin laufen derzeit mehrere Studien. So erforscht das US-Gesundheitsinstitut mit rund 2000 Probanden, ob die Einnahme gemeinsam mit dem Antibiotikum Azithromycin im frühen Stadium einer Covid-19-Erkrankung Spitalaufenthalte und Todesfälle reduzieren kann.