- Menschenrechtsaktivisten aus Eritrea werden nach Angaben von Amnesty International nicht nur im Inland schikaniert, verfolgt und inhaftiert, sondern auch im Ausland massiv bedroht.
- In einem Bericht dokumentiert die NGO Angriffe und Schikanen in der Schweiz, Schweden, den Niederlanden, Grossbritannien sowie Kenia.
- Auch ausländische Journalisten und UNO-Vertreter nehmen Eritrea ins Visier.
Insbesondere der militante Jugendflügel der Regierungspartei soll für die Verfolgungen verantwortlich sein. Das sagt die deutsche Amnesty-Eritrea-Expertin Clara Braungart. «Eritreische Aktivisten, die ins Ausland geflohen sind, werden von Regierungsvertretern und Unterstützern der amtierenden Regierungspartei angegriffen, diffamiert und bedroht.»
Der heute vorgelegte Amnesty-Bericht dokumentiert unter anderem, wie Kritiker der eritreischen Regierung persönlich und über den Onlinedienst Twitter bedroht und beschimpft oder körperlich angegriffen wurden. Einige erhielten demnach Morddrohungen.
Verbale Attacken durch Botschafter
«Eine junge Frau, die sich bei einer Veranstaltung in Oslo für Menschenrechte stark gemacht hatte, erhielt wochenlang Drohanrufe und wurde in den Sozialen Medien mit einer Verleumdungskampagne überzogen», sagt Braungart.
Die UNO-Vertreterin Sheila Keetharuth, die bis 2018 Sonderberichterstatterin für Eritrea war, wurde den Angaben zufolge vom eritreischen Botschafter im Menschenrechtsrat in Genf «verbal attackiert».
Auch die Lage in Eritrea sei «katastrophal»
Auch im Land selbst ist die Lage nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation unverändert katastrophal. «Der obligatorische Militärdienst wird willkürlich ausgedehnt und kommt Zwangsarbeit gleich», beschreibt Braungart die Situation. «Wer in Eritrea öffentlich die Regierung kritisiert, wird festgenommen und auf unbestimmte Zeit ohne Kontakt zur Aussenwelt inhaftiert.»
Jeder Mensch, der bei der Flucht gefasst wird, müsse mit sofortiger Inhaftierung in Militärgefängnissen rechnen, wo ihm Folter drohe, heisst es im Bericht.
Schweiz beurteilt Lage in Eritrea als verbessert
Dem steht eine Neubeurteilung gegenüber, die das Schweizer Staatssekretariat für Migration SEM vor gut einem Jahr vornahm. Zwar habe sich die Situation in Eritrea nicht grundlegend verbessert, hiess es damals. Man habe aber einzelne Verbesserungen festgestellt. Dazu gehöre, «dass Menschen, die Eritrea illegal verlassen, keine begründete Furcht vor Verfolgung mehr haben müssen.»
Das SEM unter der damaligen Justizministerin Simonetta Sommaruga stützte sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses bezeichnet Wegweisungen nach Eritrea als grundsätzlich «zumutbar». Darauf verschärfte der Bund 2018 seine Asylpraxis gegenüber Eritreern. Im vergangenen Jahr sollten 20 Prozent der eritreischen Asylsuchenden die Schweiz verlassen, so viele wie noch nie.
Allerdings kann die Schweiz wegen eines fehlenden Rücknahmeabkommens gar keine Menschen zwangsweise nach Eritrea zurückführen und freiwillig gehen die wenigsten. Laut SEM taten dies 2018 lediglich 68 Personen.
«Das ist ein Staat, der zwangsweise Rückführungen nicht akzeptiert», bedauerte im Frühling die heutige Justizministerin Karin Keller-Sutter. Sie führt die verschärfte Asylpolitik gegenüber Eritreern konsequent weiter. «Man muss den Leuten klar sagen, dass sie nicht in der Schweiz bleiben können. Der Druck muss aufrechterhalten werden.»