Die Eliten in Italien sind abgewählt. An die Macht wollen Rechtspopulisten und die 5-Sterne-Bewegung. Am lautesten hat sich am Tag nach der Parlamentswahl in Italien Matteo Salvini zu Wort gemeldet.
Mit emporgestreckten Daumen stellte sich der Chef der rechtspopulistischen Lega vor die Kameras und verkündete nichts Geringeres als die «Befreiung» Italiens vom Joch aus Berlin, Brüssel, Paris und von den Finanzmärkten, die für Italiens Niedergang verantwortlich seien. Die EU-Regeln zur Verschuldung? Sparmassnahmen für Italien? «Scheissegal», sagt der 44-Jährige, der sich als neuer Regierungschef in Rom sieht.
Auf Tuchfühlung mit dem Volk
Er dankte dem lieben Gott fürs Internet und für Facebook, für die Plattformen, die seinen Erfolg ermöglicht hätten. Facebook und Twitter sind Salvinis Kanäle, auf denen er seine spitzen Forderungen und radikalen Parolen verbreitet. Der Presse traut Salvini nicht, obwohl er nach dem Abbruch seines Geschichtsstudiums selbst als Journalist arbeitete.
Der Wahlerfolg seiner Partei komme von jenen Stimmbürgern, die sonst der Urne fernblieben, analysierte er. Statt wie sein Wahlkampfverbündeter Silvio Berlusconi durch TV-Shows zu ziehen, stand Salvini lieber in Daunenjacke auf den Plätzen des Landes: Er war wohl einer der umtriebigsten Politiker in den vergangenen Wochen.
Nach eigener Aussage hielt er 3000 Kundgebungen ab und legte 15'000 Kilometer zurück. «Ich habe mich mehr angestrengt als alle anderen», sagt er. Dass er sich die Probleme der Leute angehört habe, habe den Unterschied gemacht.
Ich habe mich mehr angestrengt als alle anderen.
Umbau der Lega Nord zur «Lega Salvini»
Salvini hat die Separatistenpartei Lega Nord, die Anfang der 1990er-Jahre gegründet worden war, einem grundlegenden Wandel unterzogen. «Umberto Bossi war das Genie, das die Lega Nord gegründet, den Stolz Norditaliens geweckt und gegen den Zentralismus in Rom angetreten ist», sagt Lega-Vizechef Lorenzo Fontana.
Aber Salvini, der 2013 Parteichef wurde, habe die Lega Nord zur «Lega Salvini» umgebaut – zu einer Rechtspartei, die sich an ganz Italien und auch an andere europäische Länder wendet. «Sie tritt gegen die kulturelle Einebnung an, zusammen mit anderen Rechtsparteien in Europa.» Vor der Parlamentswahl vom Wochenende strich Salvini das «Nord» endgültig aus dem Namen der Partei.
Gesicht der rechten Bewegung Italiens
Plötzlich wetterte Salvini nicht mehr gegen die Süditaliener. Stattdessen nutzte er die aufkommende Flüchtlingskrise und die Migranten für seine politischen Ziele und versprach ein Ende der «Invasion der Illegalen».
Migranten sind für ihn «Kriminelle», der Islam eine Gefahr. Roma-Angehörige wollte er «mit dem Bagger» aus ihren Siedlungen vertreiben. So wurde er zum Gesicht einer landesweiten rechten Bewegung. Es ist auch Salvinis Verdienst, dass er die Partei von 4 Prozent im Jahr 2013 auf rund 18 Prozent gehievt hat.
Ich bin und bleibe Populist, und darauf bin ich stolz.
«Ich bin und bleibe Populist», sagt Salvini, und darauf sei er stolz. Der Blick auf seine politischen Freunde verrät, welchen Kurs er sich für Italien wünscht: Er nennt Ungarns umstrittenen Ministerpräsidenten Viktor Orban sein Vorbild und freute sich als einer der ersten über den Wahlerfolg der AfD in Deutschland.