Die Lega von Innenminister Matteo Salvini soll versucht haben, von Kreml-nahen, russischen Geschäftsleuten Geld zu bekommen. Einen millionenschweren Zustupf für den Lega-Wahlkampf. Das ist der Inhalt eines Audios, das seit gestern publik ist.
Russisches Geld für europäische Nationalisten – da kommt einem sofort das Ibiza-Video des ehemaligen österreichischen Vizekanzlers Strache in den Sinn, der auf frischer Tat ertappt wurde, wie er feuchtfröhlich mit der angeblichen Oligarchen-Nichte ins Geschäft kommen wollte. Das schlug ein wie eine Bombe.
Aufregung hält sich in Grenzen
In Italien aber bleibt es trotz der Enthüllungen vergleichsweise ruhig. Denn von Matteo Salvini gibt es weder ein Audio noch ein Video. Was vorliegt sind Audio-Schnipsel aus einem Gespräch, das ein enger Vertrauter Salvinis im letzten Herbst in Moskau geführt haben soll. In diesen Audio-Sequenzen hört man sechs Personen, wie sie darüber verhandeln, die Lega-Kasse mit russischem Geld zu füllen.
Aber eben: Im italienischen Fall soll nicht Matteo Salvini, sondern Gianluca Savoini verhandelt haben. Savoini ist ein Freund des Lega-Chefs, aber er ist weder Parlamentarier noch Minister. Die breite Öffentlichkeit kennt Savoini nicht. Und ob die Audio-Sequenzen tatsächlich echt sind, weiss man nicht.
Höhere Toleranzschwelle
Darum hat der Vorwurf, die Lega habe in Moskau die hohle Hand gemacht, das politische Leben in Italien nicht auf den Kopf gestellt. Dass südlich der Alpen solches die Gemüter weit weniger erregt, hängt auch damit zusammen, dass man es hier regelmässig mit Schmiergeldern, schwarzen Kassen oder Korruption zu tun hat.
Dazu genügt nur schon ein Blick auf die Hauptstadt: die letzten drei Bürgermeister Roms mussten sich alle gegen schwere Vorwürfe verteidigen: Virginia Raggi soll gelogen haben, ihr Vorgänger Ignazio Marino soll mit seiner dienstlichen Kreditkarte auch Privates bezahlt haben und dessen Vorgänger wiederum, Gianni Alemanno, soll gar mit der mafiösen Unterwelt verbandelt gewesen sein.
Gab es Verhandlungen?
Vor diesem Hintergrund erscheint der Fall des Salvini-Vertrauten Savoini vielen als courant normal. Zudem hat die Lega ja noch ein grösseres Problem: Sie schuldet dem Staat nämlich gemäss letztinstanzlichem Urteil 49 Millionen Euro. Die Lega stottert diesen Betrag nun ab.
Und trotzdem: Salvini wird kaum darum herumkommen, sich nun ausführlich zu erklären. Bisher sagte er ja nur, er und die Lega hätten von Russland, vom Kreml, nie einen Rubel und auch keinen Vodka angenommen. Offen aber bleibt die zentrale Frage, ob Gianluca Savoini in Moskau darüber verhandelt hat? Dieser unbequemen Frage ist Salvini bisher konsequent ausgewichen.