Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) kam es zu einem politischen Erdbeben: Die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind an der regierenden SPD vorbeigezogen. Die regierenden Sozialdemokraten mussten in ihrem Stammland schwere Verluste einstecken.
«Der Schulz-Effekt ist innerhalb der SPD verpufft», meint SRF-Korrespondent Adrian Arnold. Und umgekehrt mobilisiere er aber die CDU-Wählerschaft nach wie vor.
Ein weiterer Grund sei aber auch die sehr durchzogene Regierungsbilanz der SPD-Regierung in NRW. Dafür habe die Wählerschaft die Partei abgestraft. «Das Resultat zeigt, dass die Wähler in Sicherheits- und Wirtschaftsfragen der CDU eine deutlich höhere Kompetenz zumessen als der SPD.»
SPD-Ministerpräsidentin Kraft übernimmt Verantwortung
Nur wenige Minuten nach Bekanntwerden der unerwartet deutlichen SPD-Wahlschlappe zieht Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Konsequenzen. Sie tritt sowohl als SPD-Landesvorsitzende als auch als stellvertretende Bundesvorsitzende zurück.
Für das Resultat übernimmt Kraft persönlich die Verantwortung, «damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat», sagt die 55-Jährige. Sie danke der Partei, die gekämpft habe. Die SPD habe aber das Vertrauen der Wähler nicht mehr gewinnen können. Beim Wahlkampf sei es vor allem um landespolitische Themen gegangen. Sie selbst habe ihr Bestes gegeben.
Die Landtagswahl in NRW ist ein Stimmungsbarometer für die Bundestagswahlen. Wegen der Grösse des Landes gelten die Wahlen auch als «kleine Bundestagswahl». Für den Kanzlerkandidaten Martin Schulz ist das Resultat in NRW eine Katastrophe.
Es gibt im Moment in Deutschland keine Wechselstimmung gegen Angela Merkel und auch keine Wechselstimmung gegen die CDU.
Zwar kann in den vier Monaten bis zur Bundestagswahl politisch noch einiges passieren. Doch gemäss SRF-Korrespondent Arnold hat die Wahl gezeigt: Es gibt im Moment in Deutschland keine Wechselstimmung gegen Angela Merkel und auch keine Wechselstimmung gegen die CDU. «So lange das der Fall ist, werden es die SPD und Martin Schulz sehr schwer haben, die Kanzlerin von ihrem Thron zu stossen.»
Nach den ersten Wahlprognosen liess Schulz verlauten: «Das ist ein schwerer Tag für die SPD und für mich selbst. Ich stamme aus dem Land, in dem wir eine krachende Wahlniederlage erlitten haben.» Als Konsequenz aus der Wahlniederlage in NRW will Schulz rasch das Parteiprogramm für die Bundestagswahl konkretisieren. Er habe die Kritik der Bürgerinnen und Bürger verstanden, meinte er.
Einschätzung von SRF-Korrespondent Peter Voegeli
CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet ist ein Merkel-Mann. Er ist kein Hardliner, der die rechte Linie fährt. Man kann also sagen, es läuft perfekt für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie gewinnt quasi im Schlafwagen. Zudem hat SPD-Bundesratskandidat Martin Schulz keinen Kampf bis zum Umfallen geführt. Er ist zwar ein Kämpfer – aber wenn jetzt nicht noch etwas Aussergewöhnliches passiert, das die Karten neu mischt, wird es schwer für Martin Schulz. |
Dritte Niederlage in einer Landtagswahl in Folge
Die SPD regierte in Nordrhein-Westfalen von 1966 bis 2005 während 39 Jahren ohne Unterbruch und nach einem CDU-Intermezzo wieder seit 2010.
Die SPD hatte sich von der Nominierung des früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als Kanzlerkandidat Aufwind für das Wahljahr 2017 erhofft. Die Landtagswahlen im Saarland letzten März und in Schleswig-Holstein letzten Sonntag gingen für die SPD trotzdem verloren.