Ahmad Mansour, Psychologe und Extremismusforscher, schlägt Alarm. Er kritisiert das überforderte Asylsystem in Deutschland. Ein psychisch kranker, abgewiesener Asylbewerber aus Afghanistan hat diese Woche in Aschaffenburg ein zweijähriges Kind und einen Mann getötet.
SRF News: Ist das nun einer von zu vielen Einzelfällen dieser Art?
Ahmad Mansour: Ich würde nicht mehr von Einzelfällen sprechen. Das ist ein Symbol für ein gescheitertes System, für die Dysfunktionalität unserer Einwanderungspolitik. Und wissen Sie, wenn ein Kind mit einer Kitagruppe im Park ermordet wird, ein Zweijähriger, dann erschüttert mich das zutiefst. Die Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Wir brauchen eine Zeitenwende in der Migrations- und Integrationspolitik.
Täuscht der Eindruck, oder gibt es immer mehr Migrantinnen und Migranten mit psychischen Erkrankungen und dadurch auch mehr Gewalttaten?
Zunächst einmal: Psychische Labilität entschuldigt keine Bluttat, das ist kein Freibrief. Es fällt auf, dass in dem Moment, in dem solche Taten geschehen und bekannt wird, dass der Täter psychisch krank ist, der Diskurs oft darauf beschränkt bleibt. Aber auch psychisch Kranke können einen ideologischen Hintergrund haben. Psychische Erkrankungen treten oft im Zusammenspiel mit anderen Faktoren auf.
Werden die Menschen, die aus Krisengebieten nach Deutschland kommen, ausreichend betreut und begleitet?
Nein, definitiv nicht. Wenn wir Integration ernsthaft betreiben wollen, dann brauchen wir ausreichend Ressourcen – auch im psychologischen Bereich. Derzeit haben wir nicht die Kapazitäten, um die Zahl der Menschen, die zu uns kommen, angemessen zu begleiten. Ich fordere, Integration vom Ende her zu denken. Wir müssen gemeinsam mit der Politik herausfinden, welche Ressourcen überhaupt zur Verfügung stehen, um Menschen gut zu begleiten. Und erst danach sollte entschieden werden, wie viele Menschen wir integrieren können.
Ich bin es leid, solche pauschalen Parolen zu hören.
Der Oberbürgermeister von Aschaffenburg sagte, niemand dürfe die Tat eines Einzelnen einer gesamten Bevölkerungsgruppe anrechnen. Besteht nicht genau jetzt die Gefahr, dass das passiert?
Ich bin es leid, solche pauschalen Parolen zu hören. Die Menschen haben das Recht, wütend zu sein. Nach so einer Tat darf man den Menschen nicht das Gefühl geben, dass ihre Wut unangebracht oder unmoralisch ist. Deutschland leistet jeden Tag enorm viel, um Integration zu ermöglichen. Aber dort, wo Integration scheitert, müssen wir das offen ansprechen. Es geht um Kinder, die sterben. Das darf in einer Gesellschaft nicht passieren.
Was fordern Sie von der Politik?
Wenn die nächste Regierung keine vernünftige Migrationspolitik betreibt, wenn sie unsere Grenzen nicht schützt, werden wir unsere Demokratie massiv gefährden. Die allermeisten Migrantinnen und Migranten sind grossartige Menschen, die wirklich Schutz suchen. Aber es gibt eine kleine Gruppe, die bei uns Schutz gesucht hat und von der unsere Gesellschaft geschützt werden muss.
Das Gespräch führte David Karasek.