Michail Mischustin ist als neuer Ministerpräsident Russlands bestätigt worden. Seine Wahl kam überraschend, eine Einordnung sei daher schwer, sagt SRF-Korrespondent David Nauer. Von offizieller Seite her war Russland bemüht, den Rücktritt der Regierung von Dmitri Medwedew als Akt innenpolitischen Grossmuts darzustellen: Der Altgediente wird mit einem Orden versehen, und tritt zurück, um einen innenpolitischen Neuanfang zu erleichtern.
Für diesen Neuanfang, der in eine Verfassungsreform gipfeln soll, hat Putin nun Michail Mischustin eingesetzt. Politisch ist der 53-Jährige bisher kaum in Erscheinung getreten und für viele Beobachter steht fest, dass genau das ein für Putin entscheidendes Auswahlkriterium gewesen sei. «Mischustin dürfte Putin kaum gefährlich werden können», sagt Nauer.
Spitzenbürokrat ohne politische Vergangenheit
Zehn Jahre lang stand Mischustin an der Spitze der russischen Steuerbehörde und hat Einnahmen für den Staat eingetrieben. Er hat die Behörde modernisiert und mit einem digitalen System versehen. Die Verwaltung habe sich dadurch «drastisch verbessert», hiess es danach immer wieder anerkennend.
Der promovierte Ökonom Mischustin kennt wie kein Zweiter die Verwaltung und gilt als Mann der Zahlen. Seine Doktorarbeit schrieb er über die Vermögensbesteuerung im grössten Flächenland der Erde. Er war von 1999 an fünf Jahre lang Vizeminister für Steuerfragen. Danach leitete er das oberste Katasteramt des Landes und war unter anderem für die Vermessung des Riesenreiches zuständig. Er kümmerte sich auch darum, dass in Russland Sonderwirtschaftszonen eingerichtet wurden.
Bei einem Ausflug in die Privatwirtschaft leitete Mischustin zeitweise auch ein Investment-Unternehmen. Er gilt als durchsetzungsstark, aber auch als Teamplayer.
Bauernopfer für den Neuanfang
Der Finanzexperte wurde am 3. März 1966 in Moskau geboren - und ist damit nur etwa sechs Monate jünger als Dmitri Medwedew. Privat interessiert er sich für Hockey, eine beliebte Mannschaftssportart in Russland. Er ist auch Vorstandsmitglied im nationalen Eishockeyverband.
Der verheiratete Vater von drei Söhnen sei als Ministerpräsident Putins Steigbügelhalter für den innenpolitischen Umbau. Genauso, wie Medwedew Putins Bauernopfer auf besagtem Weg gewesen sei. Nauer verweist auf die allgemeine Unbeliebtheit der russischen Regierung unter Medwedew. Diese passe nur schwerlich zum geplanten innenpolitischen Aufbruch und zur neuen Verfassung, nach der das russische Parlament mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden soll.
In der vergangenen Zeit habe sich Russland vor allem auf das Ausland konzentriert, erklärt Nauer. Zwar habe Putin da einige Erfolge für sich verbuchen können, wohl in der Ukraine, in Syrien und jetzt jüngst in Libyen, «aber innenpolitisch ist es zum Stillstand gekommen.» Mit Mischustin soll nun ein zahnloser Bürokrat für frischen, aber überschaubaren Wind sorgen.