Die Schicksale von Migranten, die mit Schlauchbooten über den Ärmelkanal nach Grossbritannien flüchten wollen, häufen sich. Vor knapp drei Wochen sind erneut über 27 Flüchtlinge bei der gefährlichen Überfahrt gestorben. Wer es jedoch über den Kanal schafft, wird in Grossbritannien nicht unbedingt freundlich empfangen. Denn die britische Regierung will Bootsflüchtlinge mit allen Mitteln von der Einreise abhalten.
Nicht alle Britinnen und Briten sind mit der Migrationspolitik Johnsons einverstanden. Zum Beispiel in der südenglischen Küstenstadt Hastings, wo eine ungewöhnliche Bürgerinitiative entstanden ist.
So trafen sich dort jüngst 1000 Leute, um gegen die unmenschliche Migrationspolitik von Boris Johnson und Priti Patel zu protestieren. Jedes Mal, wenn ein Gummiboot mit Flüchtlingen an der Küste in Hastings landet, eilen Frauen von Hastings an den Strand und versorgen die Menschen mit Wolldecken und warmen Getränken.
«Wenn die Frauen, Kinder und Männer nach der stundenlangen Überfahrt in Hastings stranden, sind sie völlig nass und durstig», sagt die 52-jährige Jane Grimshaw, die in Hastings eine Schneiderei betreibt. Als sie mit ihrer Tochter am Strand beim Spazieren zum ersten Mal ein Boot mit 60 Flüchtlinge gesehen habe, seien sie sofort nach Hause geeilt, hätten Tee gekocht und alle Decken an den Strand gebracht, die sie finden konnten.
Für den Gemeinderat von Hastings ist es eine Selbstverständlichkeit, Menschen in Not willkommen zu heissen.
Auch Hastings Gemeinderat Andy Batsford äussert sich dazu: «Hastings hat eine lange humanitäre Tradition. Flüchtlinge wurden hier immer warm aufgenommen und betreut. Diese Menschen kommen aus Verzweiflung übers Meer zu uns.» Meist aus Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan oder dem Sudan. Für den Gemeinderat von Hastings sei es eine Selbstverständlichkeit, Menschen in Not willkommen zu heissen, die sich ein besseres Leben für sich und ihre Familie erhoffen.
Gegner fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen
Es gibt in Hastings aber auch Leute, welche diese Willkommens-Kultur nicht gut finden. «Ich und mein Mann nennen die Border-Force-Patrouillen längst Uber-Force. Die britischen Grenzwacht-Boote sind nämlich wie Taxis. Sie bringen jeden Tag neue Migranten an Land. Das muss endlich aufhören. Boris Johnson und ganze besonders unsere Innenministerin Priti Patel lassen uns völlig im Stich», meint eine Anwohnerin aus Hastings.
Boris Johnson und ganze besonders unsere Innenministerin Priti Patel lassen uns völlig im Stich.
An Ideen hat es Priti Patel allerdings nicht gemangelt. Erst wollte die Innenministerin illegale Einwanderer auf ausrangierten Ölplattformen oder in Lagern in Afrika unterbringen. Sie bot den Franzosen viel Geld, damit diese die Migranten aufhalten, oder drohte den Flüchtlingen mit hohen Gefängnisstrafen.
Genützt hat es wenig. Allein in diesem Jahr sind über 25'000 übers Meer gekommen. Dreimal mehr als im vergangenen Jahr.