Der milliardenschwere Investor Peter Thiel steigt aus dem Verwaltungsrat von Meta (Facebook) aus und will sich auf die Politik konzentrieren. Thiel war Berater von Donald Trump und Financier seiner Kampagnen. Er vertritt libertäre Ansichten, ist also für einen möglichst abgespeckten Staat. Was Thiels Ziele sind, weiss Thomas Rappold. Der Internet-Unternehmer hat über Thiel ein Buch geschrieben.
SRF News: Was hat Peter Thiel dazu motiviert, Kandidaturen der Republikaner finanziell zu unterstützen?
Thomas Rappold: Thiel ist bekennender Libertärer und möchte mit seinen Unternehmen die Welt verändern. Mit seinem wachsenden Vermögen sieht er jetzt auch die Möglichkeit, in den USA politisch Einfluss zu nehmen.
Wie will Thiel das System ohne Eingriffe des Staates verändern?
Das ist ein schwieriger Punkt. Er hat – wie viele im Silicon Valley – von den Eingriffen des Staates massiv profitiert. So sind die Börsenkurse infolge der Massnahmen der Notenbank stark gestiegen, darunter auch jene von Thiels Palantir oder seiner Beteiligung bei Stripe.
Thiel hat die sich öffnende Schere zwischen der normalen Gesellschaft und den Superreichen schon vor Jahren angeprangert.
Was er schon vor Jahren angeprangert hat, ist die sich öffnende Schere zwischen der normalen Gesellschaft und den Superreichen («Digital Divide»). Dazu gehört seine Kritik am System, dass sich Studenten massiv verschulden müssen, um überhaupt studieren zu können. Hier möchte Thiel jetzt Lösungen finden.
Thiel hat mit der Digitalisierung ein Vermögen gemacht – jetzt kritisiert er die digitale Welt. So sagt er etwa, die digitalen Netzwerke würden die Leute von den wahren Problem ablenken. Wie geht das zusammen?
Diese Ambivalenz ist nicht nur bei Thiel sichtbar. Auch Warren Buffet etwa prangert die Tatsache an, dass Superreiche zu wenig Steuern bezahlen – gleichzeitig verkauft er aber keine seiner Aktien, weil er auf einem Barvermögen Steuern bezahlen müsste.
Thiel hat die Gabe, in die Zukunft zu blicken – er versucht jetzt, sie auf die Politik zu übertragen.
Thiel ist, wie viele andere auch, ein Teil des Systems, das er bekämpft. Dabei gilt er im Silicon Valley als intellektuelle Grösse, er ist studierter Jurist und Philosoph. Thiel ist auch ein sehr guter Schachspieler und denkt immer vom Ende her: Er hat die Gabe, in die Zukunft zu blicken. Er investiert heute also dort, wo die Zukunft liegt. Jetzt versucht Thiel diese Gabe auf die Politik zu übertragen.
Thiel selber ist Milliardär, findet aber, die Superreichen sollten mehr Steuern bezahlen – also auch er selber?
In letzter Konsequenz ja – und das ist ein spannender Lackmustest: Alle wissen, dass in den USA die Superreichen vom Steuersystem überproportional profitieren. Als Folge davon verschenken sie Geld. Vielleicht wäre es aber besser, sie würden mehr Steuern bezahlen, damit der Staat beispielsweise die Studenten oder die ärmere Bevölkerung unterstützen könnte, oder mehr Geld für die Infrastruktur zur Verfügung stünde.
Vielleicht kann Thiel die Situation aufmischen und sogar einen Gegenpol zu Trump setzen.
Zugleich aber ist in den USA die Meinung verbreitet, dass staatliche Ausgaben Sozialismus bedeuten. Das Land muss sich von diesen Fesseln befreien – und vielleicht kann Thiel diese Situation aufmischen und sogar einen Gegenpol zu Trump setzen. Vielleicht tut es den USA gut, einen solchen Impuls von ausserhalb der Politik zu bekommen.
Sie trauen Thiel also auch in der Politik viel zu?
Ja – er bringt den Intellekt mit. Es ist bekannt, dass Washington eine Schlangengrube ist. Doch die USA sind auch bekannt dafür, dass Aussenseiter immer wieder eine Chance erhalten – das liebt die amerikanische Bevölkerung. Deshalb denke ich, wird man in den nächsten Monaten noch mehr von Thiel hören.
Das Gespräch führte Raphael Günther.