Science Fiction war Elon Musks Leidenschaft als Teenager. In Texas soll seine Vision Realität werden. Die Startrampe gleich neben dem Strand von Boca Chica gleicht einem Schauplatz aus Star Wars. Wenn es nach Musk geht, wird sich die Menschheit andere Planeten zu eigen machen. Mit der grössten Rakete, die die menschliche Zivilisation je gebaut hat.
«Starship ist fähig, eine Million Tonnen auf den Mars bringen, um eine selbstversorgende Stadt zu kreieren. Wir sollten das so rasch wie möglich tun», kündigte Musk an.
20. April 2023: Der jüngste Test-Start von Starship, zu Deutsch Sternenschiff, ist ein gewaltiges Ereignis. Die 30 Antriebsraketen zerlegen die Abschussrampe in Kleinteile. Die Rakete fliegt nicht wie geplant in den Orbit und wird zerstört.
Kurz darauf treffen wir neben der Startrampe von SpaceX den Biologen Justin LeClaire. Wir gehen über den von Trümmern übersäten Boden, der gleichzeitig ein einzigartiger Lebensraum ist. LeClaire zählt immer weniger Vögel im Gebiet um die Abschussrampe. «Es gibt diesen wertvollen Lebensraum für Wildtiere hier, der unberührt war von Menschen. Und nun, weil Menschen vielleicht auf einen anderen Planeten wollen oder an die Zukunft der Menschheit denken, zerstören sie die Natur hier.»
Seltene Vögel und Schildkröten nisten in der Nähe der Startrampe. Mehrere Naturschutzorganisationen klagen nun gegen die US-Raumaufsichtsbehörde. LeClaire kritisiert: «Die angemessenen Umweltprüfungen werden nicht gemacht, der Betrieb wird einfach durchgedrückt. Für SpaceX ist es kein Misserfolg, wenn etwas schiefgeht.»
Schneller und riskanter – die Methode von SpaceX
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Versuch und Scheitern gehörten zum Konzept von SpaceX und Musk und hätten ihn weit gebracht, sagt Olivier de Weck, Raumfahrtprofessor an der renommierten Universität MIT in Boston. Elon Musk sei enorm wichtig für die Weltraumfahrt, als Symbolträger und als Visionär. «Aber auch, um zu zeigen, dass man solche Projekt anders als bisher angehen kann. Das heisst, mehr Risiko auf sich nehmen, und vor allem viel, viel schneller arbeiten.»
Bei SpaceX arbeite man nach dem Prinzip des «agile engeneering». «Man baut so schnell wie möglich einen Prototypen. Am Anfang, wenn die Prototypen noch nicht reif sind, gibt es einen Haufen Fehler.» Doch man lerne aus dem Scheitern und komme insgesamt schneller zum Ziel.
Der Schweizer erklärt, Spacex nehme lokale Verluste in Kauf, um langfristig besser zu sein. Die Anlage in Texas sei vergleichsweise primitiv. Es fehle die Infrastruktur, die die Schallwellen und den Schub der Antriebsraketen dämpfen würde, so dass die Abschussrampe intakt bliebe. «Man wüsste eigentlich, wie man die Bodeninfrastruktur bauen müsste, aber es kostet viel Geld und Zeit.» Hat SpaceX dort die Abkürzung genommen? «Absolut, denn es geht um Zeit.»
Elon Musk hat einen ausserordentlichen Einfluss im Weltraum erreicht. Mit SpaceX bringt er Astronauten für die Nasa ins All und kontrolliert mehr Satelliten als die USA. Die Starlink-Satelliten sind für eine kommerzielle Nutzung gedacht, aber auch militärisch nutzbar. Hier geht es nicht um Science-Fiction, sondern um Geld und Macht.
«Das militärische Potenzial, zu wissen, wo genau Truppen sind, wo ist die Ausrüstung, das ist enorm wichtig in einem Konfliktfall. Und dank Starlink, aber auch anderen Satelliten, weiss man im Prinzip heute alles», erklärt Raumfahrtprofessor Olivier De Weck.
Ist die Besiedlung des Mars realistisch?
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Olivier de Wecks Forschung beschäftigt sich damit, wie Menschen auf den Mars kommen und dort überleben können. Er sagt, die Vision von Elon Musk sei realistisch. Er rechne mit etwa 30 Jahren, die es brauche, Menschen auf den Mars zu bringen. «Ich finde es wichtig, dass wir einen Plan B haben. Eine Siedlung auf dem Mars, die sich auch selber am Leben erhalten kann», sagt der Schweizer Raumfahrtprofessor. «Wir als Zivilisation haben nur einen Planeten, die Erde. Und es gibt viele Bedrohungen, die wir teils gar nicht realisieren.»
Als der Ukraine-Krieg ausbrach, stellte Musk über die Starlink-Satelliten der Ukraine sichere Kommunikation bereit. Ein Beispiel für die Macht, die Musk besitze, sagt die Politologin Xiaomeng Lu. «Space X und Starlink gehören zu den einflussreichsten weltpolitischen Akteuren. Sie zeigten, dass ein Unternehmen einen Grosskonflikt entscheidend beeinflussen kann.»
Musks unberechenbare weltpolitischen Manöver
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Nachdem Elon Musk der Ukraine die Starlink-Systeme zur Verfügung gestellt hatte, twitterte er auf der von ihm gekauften Plattform einen sogenannten Friedensplan, der im Sinne Russlands war. Und kurz darauf drohte Musk, Starlink könne den Service wegen eines Streits um die Bezahlung nicht aufrechterhalten.
Elon Musk trifft auch Vertreter der chinesischen Regierung. Er äussert sich zu Taiwan, es sei quasi unausweichlich, dass es Teil von China werde – entgegen der US-Politik, die Taiwan unterstützt. Musk hat offensichtliche Geschäftsinteressen in China; eine seiner grössten Tesla-Fabriken steht in Shanghai. Musks aussenpolitische Manöver bereiteten der US-Regierung Kopfzerbrechen, sagt die Politologin Xiaomeng Lu von der Eurasia Group.
«Musks erratisches Verhalten, persönliche Politik, seine egozentrische Persönlichkeit haben die Glaubwürdigkeit seines grossartigen Unternehmertums beeinträchtigt.» Es habe auch schon früher einflussreiche Unternehmer gegeben, doch Musk steche heraus. «Es gibt auch andere interessante Charaktere in der Welt, aber er ist in einer eigenen Liga, spielt quasi die Rolle des weltpolitischen Bösewichts, angesichts der Macht, die er in der Welt hat.»
Nur acht Kilometer von der SpaceX-Basis entfernt liegt Port Isabel. Das Städtchen wurde beim Start von Starship von einer Staubwolke überzogen.
«Ein gelblicher Staub lag überall. Ich habe Asthma und habe die Tage danach nur noch gehustet», erzählt der Lokaljournalist Gaige Davila. Er kritisiert, SpaceX und Musk nähmen keine Rücksicht auf Mensch und Umwelt, die Aufsichtsbehörde lasse sie gewähren.
Für die Fans von Elon Musk ist er ein Superheld, der die Welt verändert. Für andere schlicht ein Superreicher mit zu viel Macht. Musk ist nicht zimperlich, um seiner Mission zum Durchbruch zu verhelfen. Denn es geht ihm um nichts weniger als die Rettung der Menschheit. «Ehrlich gesagt, wirkt die Zivilisation etwas zerbrechlich in letzter Zeit», verkündete er. «Wir müssen unsere Erde schützen und die Stadt auf dem Mars bald bauen, um das Überleben sicherzustellen.»
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