Der Kurznachrichtendienst Twitter erhält eine neue Chefin. Das hat der bisherige Chef und Eigentümer, Elon Musk, gestern verkündet. Linda Yaccarino heisst die Frau, die den taumelnden Social Media-Konzern wieder in ruhige Gewässer führen soll.
Yaccarino war bis gestern beim US-Unterhaltungskonzern NBC Universal verantwortlich dafür, dass dem Unternehmen Werbegelder zuflossen. Und Werbegelder sind genau das, was dem Kurznachrichtendienst Twitter fehlt. Viele Unternehmen und nicht wenige Nutzer haben sich von Twitter abgewandt, nachdem Tesla-Besitzer Elon Musk letztes Jahr Twitter übernommen, Qualitätskontrollen aufgehoben und Ex-Präsident Donald Trump wieder zugelassen hatte.
Twitter für Werbung attraktiv machen
In einem öffentlichen Gespräch betonte Linda Yaccarino gegenüber Elon Musk vor wenigen Wochen, wenn Musk wie angekündigt aus Twitter eine Plattform bauen wolle, auf der die Nutzerinnen und Nutzer nicht mehr nur Kurznachrichten austauschen, sondern auch zum Beispiel Zahlungen ausführen und Dinge kaufen können, dann müsse sie für Werbung attraktiv werden.
Im Nachhinein tönt der Anlass, an dem Yaccarino eigentlich Musk vor Publikum interviewte, wie ein Bewerbungsgespräch.
Yaccarino fürs Geschäft, Musk fürs Technische
In sechs Wochen soll also – so Musks Tweet vom Freitag – Linda Yaccarino übernehmen. Sie werde sich ums Geschäft kümmern, er selbst ums Technische, schreibt Musk.
Verschiedene Beobachter halten Yaccarino für eine gute Wahl. Investorinnen und Investoren, aber auch zum Beispiel die Medienwissenschaftlerin und Digitalexpertin, Sarah Genner: «Elon Musk ist angetreten, um das Unternehmen zu monetarisieren und endlich zu einem kommerziellen Erfolg zu bringen.» Da sei er mit Yaccarino auf einer guten Fährte.
Führt das ungleiche Duo zum Erfolg?
Politisch scheint die Werbe-Expertin Linda Yaccarino keine Berührungsängste zu haben. So hat sie sowohl mit der Regierung Trump als auch mit der jetzigen von Joe Biden zusammen gearbeitet. Auch beim World Economic Forum, dem WEF, engagiert sie sich seit ein paar Jahren – genau bei dem Forum der internationalen Elite aus Wirtschaft und Politik also, das Elon Musk immer wieder als inoffizielle Weltregierung kritisiert hat. Kann das gutgehen mit dem ungleichen Duo an der Twitter-Spitze?
Yaccarino ist die erfahrene Werbe-Fachfrau, die sich auf den grossen Bühnen in der Politik und der Businesswelt bewiesen hat.
«Musk ist das wahnsinnige Businessgenie, der menschlich gar kein Fingerspitzengefühl an den Tag legt. Sie ist die sehr erfahrene Werbe- und PR-Fachfrau, die sich auf den grossen Bühnen in der Politik und der Businesswelt bewiesen hat», sagt Genner. Die Expertin gibt sich verhalten optimistisch: «Ich glaube, dass die beiden auf Augenhöhe in dieser Firma arbeiten können.»
Das sehen andere Beobachterinnen und Beobachter ähnlich. Die meisten warnen aber, das klappe nur, wenn Elon Musk die neue Chefin tatsächlich machen lasse und nicht – wie so oft in der Vergangenheit – mit schrägen bis unhaltbaren Tweets wieder für Verunsicherung sorge.