Knapp ein Jahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine läuft die 59. Münchner Sicherheitskonferenz an. Während dreier Tage debattieren Staats- und Regierungschefs, Ministerinnen und NGO-Vertreter aus fast hundert Staaten über Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Explizit nicht eingeladen zum weltweit wichtigsten sicherheitspolitischen Treffen ist erstmals Russland, aber auch Iran. Letztes Jahr waren die Russen noch eingeladen, sagten dann aber selber ab.
Die Münchner Sicherheitskonferenz habe sich die Entscheidung sicher nicht einfach gemacht, würden damit doch auch Brücken für die Suche nach Lösungen abgebrochen, schätzt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF. Hauptgrund sei aber wohl gewesen, dass man das der Ukraine nicht zumuten wollte.
Ebenso wenig vielen anderen Staaten, in denen sich die Bevölkerung zum Teil vor den Russen fürchte: «Russland sollte keine Plattform für Propaganda und Desinformation bekommen», sagt Gsteiger. Zudem sei Russland im Moment gar nicht wirklich interessiert an der Suche nach einer Lösung, die einigermassen mit dem Völkerrecht zu vereinbaren wäre.
China hingegen nimmt mit dem obersten Aussenpolitiker Wang Yi teil. Peking werde wohl vor allem versuchen, die momentan enge Allianz zwischen den USA und Europa ein Stück weit aufzuknacken, schätzt Gsteiger: «Entsprechend dürften die Europäer von chinesischer Seite in den nächsten Tagen bestimmt viele nette Worte hören.»
Die deutsche Regierung nutzt derweil die Münchner Sicherheitskonferenz, um den Bündnispartnern Unterstützung bei Ausbildung, Nachschub und Logistik anzubieten. So sagt Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitagnachmittag: «Für mich ist das ein Beispiel für die Art von Leadership, die jede und jeder von Deutschland erwarten kann – und die ich unseren Freunden und Partnern ausdrücklich anbiete.»
Je früher Präsident Putin einsieht, dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto grösser ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende.
Gleichzeitig wehrte sich Scholz bei seiner Rede gegen Vorwürfe, die Panzerlieferungen würden zu einer Eskalation des Krieges beitragen. «Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern. Das Gegenteil ist richtig», sagte er. «Je früher Präsident Putin einsieht, dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto grösser ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende.» Scholz versicherte, die Balance zwischen der Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer Eskalation werde weiterhin gewahrt.
Das Thema Ukraine-Krieg zieht sich praktisch durch alle der Dutzenden von Veranstaltungen, Vorträgen und Sitzungen. Es soll dafür gesorgt werden, dass die westliche Unterstützung für die Ukraine nachhaltig ist und dem Westen nicht zu schnell der Atem ausgeht. Zugleich sollen weitere Länder in Asien, im Nahen Osten, in Afrika und Lateinamerika dazu gebracht werden, Position für die Ukraine und gegen Russland zu beziehen.
Die Schweiz ist mit VBS-Chefin Viola Amherd vertreten und werde in München einiges zu erklären haben, meint Gsteiger. Denn vielerorts, auch bei befreundeten Nationen, werde die Neutralität der Schweiz nach dem krassen Überfall der Russen immer weniger verstanden. Gleichzeitig, ist Gsteiger überzeugt, sei für die Schweiz die Zusammenarbeit mit anderen Ländern auch militärisch wichtiger geworden: «Wenn die Schweiz Schutz beansprucht, wird auf der anderen Seite mehr Leistung von der Schweiz erwartet und eingefordert.»