Die US-Regierung, angeführt von Vizepräsident Mike Pence, wollte in Europa Zuversicht verbreiten. Doch die Unsicherheit bleibt. Ja zur Partnerschaft, ja zur Nato, tönt es zwar. Doch gilt das auch noch nach dem nächsten Tweet aus dem Weissen Haus?
Die amerikanische Aussenpolitik ist unberechenbar geworden. Über Nacht. Und weil die USA nun mal die führende Militärmacht und auch die politisch wichtigste Grossmacht sind, gerät die Welt in Aufruhr. Die seit dem Zweiten Weltkrieg und erst recht seit dem Ende des Kalten Krieges herrschende westlich-liberale Weltordnung sei am Ende, sagte, nicht zu Unrecht, Russlands Aussenminister Sergej Lawrow. Und er sagte auch: Das ist gut so.
Suche nach einer neuen Weltordnung
Bloss: Was ist die Alternative? Denkbar wäre eine Weltordnung, die nicht auf die Vormacht eines Staates baut, sondern auf Prinzipien, auf Völkerrecht, auf Ausgleich – also auf multilaterale Organisationen. EU, OSZE, UNO – sie müssten an Bedeutung gewinnen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres machte in München deutlich: Das wäre der richtige Weg.
Doch danach sieht es überhaupt nicht aus. Jene Staaten, die rapide weltpolitisch und militärisch an Gewicht gewinnen, allen voran China und in bescheidenerem Mass Iran und solche, die wie Russland an alte Grösse anknüpfen, sind nicht an Regeln und Prinzipien interessiert. Sie wollen ihre Ziele primär mit Macht erreichen. Und finden im Weissen Haus auf einmal und überraschend einen Verbündeten.
Jene Staaten, die weltpolitisch und militärisch an Gewicht gewinnen, wollen ihre Ziele primär mit Macht erreichen.
Von Donald Trump ist zur UNO und ihrer Charta rein gar nichts zu vernehmen. Und nichts Positives zu erwarten. Aus Peking und Moskau gibt es zwar Pro-UNO-Lippenbekenntnisse. Die Werte der Weltorganisation, ob nun Menschenrechte oder Unverletzlichkeit von Territorien, werden jedoch nicht geteilt. Russland macht das in der Ukraine deutlich. Peking bei der Einverleibung weiter Meeresgebiete. Statt stärker wird die UNO also schwächer.
Der Westen schwächelt, die autoritären Regime erstarken
Die USA und Europa, die beiden Pfeiler der westlich-demokratischen Welt verlieren an Terrain. Durchaus selbst verschuldet. Die EU ist geschwächt, nicht nur durch den Brexit, sondern auch wegen der Migrationskrise und weil sich etliche Regierungen von Mitgliedländern um zentrale rechtsstaatliche Normen foutieren. Was, wenn gar immer mehr Populisten von Grillo über Le Pen bis zur FPÖ an die Macht gelangen?
Auffallend: Zur Lösung der aktuellen Konflikte gab es in München zwar viele Treffen, aber keinerlei taugliche Lösungsansätze.
Oberwasser haben dafür autoritäre Regime. Ihre Zahl wächst, siehe Türkei. Deren autoritäre Politik richtet sich nicht nur nach innen, trifft nicht nur die eigene Bevölkerung. Russland, China oder Iran treten auch nach aussen offensiv auf, sichern sich mehr Einfluss. Bei den Mitteln kennt man wenig Skrupel.
Auffallend auch: Zur Lösung der grossen aktuellen Konflikte gab es in München zwar vielerlei Treffen, aber keinerlei taugliche Lösungsansätze: Syrien, Jemen, Afghanistan, Ukraine – Treten an Ort. Ebenso irritierend: Eine Ministerrunde stellte in ihrer Debatte zum Thema Terrorismus unisono fest: Es wird schlimmer, nicht besser. Ein Signal der Hilflosigkeit.
Die Antwort auf die grosse Frage, wie die neue Weltordnung ausschauen könnte, lautet also ernüchternd: Es gibt gar keine neue Weltordnung. Es erwarten uns Jahre der Welt-Unordnung. Die Welt im Stresstest. Völlig offen ist, ob sie ihn besteht.