SRF News: Wie präsentiert sich die Lage in Harare, der Hauptstadt von Simbabwe?
Ruedi Lüthy: Soweit ich feststellen kann, ist die Lage ruhig. Mitarbeiter berichten, sie hätten ohne Probleme durch die Stadt zur Arbeit fahren können, es sind alle von ihnen wie geplant hier eingetroffen. Auch die Patienten sind alle wie geplant zu ihren Terminen erschienen, niemand berichtete von Problemen. Die Realität steht also in einem krassen Gegensatz zu manchen Informationen, die im Internet und auf Twitter verbreitet werden.
Sie beschreiben einen Zustand skurriler Ruhe. Einen Putsch stellt man sich eigentlich anders vor...
Ich habe selber noch nie einen Putsch erlebt. Aber die TV-Bilder von solchen Ereignissen sehen meist ziemlich wild aus. Das ist nicht der Fall. Man spricht hier eher von einer chirurgischen Operation als von einem Militärputsch. So habe ich gehört, das Militär sei nur im Einsatz, um einen möglichen Aufruhr zu verhindern.
Die Menschen können sich nicht vorstellen, dass Grace Mugabe für das Amt der Staatspräsidentin geeignet wäre.
Wie haben Ihre Angestellten auf die Ereignisse der Nacht reagiert?
Es herrscht eine eher fröhliche Stimmung. Jemand sagte, es sei ein Tag, den wir nie vergessen würden. Offenbar glauben die Leute, dass dank dieser Armeeaktion in Zukunft gewisse unangenehme politische Ereignisse aufhören werden.
Sie sprechen die Frau von Präsident Mugabe an: Grace, die nun wohl nicht Vizepräsidentin wird und ihre Ambitionen auf das Präsidentenamt begraben muss. Sind die Leute deshalb erleichtert?
Dieser Interpretation schliesse ich mich nur allzu gern an. Ich glaube tatsächlich, dass viele Menschen in Simbabwe von dieser Frau genügend gehört haben. Sie können sich nicht vorstellen, dass sie für das Amt der Staatspräsidentin geeignet wäre.
Mnangagwa soll in den 1980er-Jahren für die Ndebele-Massaker verantwortlich gewesen sein, bei denen bis zu 20'000 Zivilisten getötet wurden. Doch das ist lange her.
Es sieht danach aus, dass Mugabes kürzlich geschasster Vizepräsident, Emmerson Mnangagwa, nachrücken könnte. Freuen sich die Menschen auch deshalb?
Man kennt Mnangagwa seit vielen Jahren als Sicherheits- oder Innenminister. Er hat zwar einen eher traurigen Background: Mnangagwa soll in den 1980er-Jahren als damaliger Geheimdienstchef für die Ndebele-Massaker verantwortlich gewesen sein, bei denen bis zu 20'000 Zivilisten getötet wurden. Doch das ist lange her, und man traut dem heute 75-Jährigen mehr Verstand zu als Grace Mugabe.
Was ändert sich mit den neuen Machtverhältnissen für Ihre Arbeit?
Hoffentlich nichts. Ich hoffe aber, dass es unseren Patienten bald wieder besser geht. Sie machen mit der herrschenden Hungersnot und der Hyperinflation eine sehr schwere Zeit durch.
Das Gespräch führte Simon Leu.